Die 555 besten Weingüter 2024
Lange Zeit galt das Weingut Max Schell unter der Führung von Wolfgang Schulze-Icking und seiner Frau Katarina als Geheimtipp. Gerade, als es einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, kam die Flutkatastrophe. Sie hat schwere Schäden an den Gebäuden, Maschinen, in den Weinbergen und dem Fasskeller hinterlassen. Die beiden haben jedoch, statt aufzugeben, auf „jetzt erst recht“ gesetzt und sogar einige Parzellen Weinberge hinzugenommen. Die einfachen Weine mögen nicht ganz an die Qualität der Vorgängerjahre anschließen, aber schließlich handelt es sich beim 2021er Jahrgang um den wahrscheinlich herausforderndsten der Geschichte der Ahr. Richtig gut, ja begeisternd wird es jedoch im Premium-Bereich. Vor allem die 2020er Grand Max und Grand Max „S“ sind top – vor allem, wenn man auf das Verhältnis von Qualität und Preis schaut.
Was Ludwig Kreuzberg und Frank Josten aus dem Flutjahrgang 2021 herausgeholt haben, ist großartig. Die Qualität unterstreicht die hohe Einordnung, die das Weingut in den letzten Jahren erreicht hat. Die Früh- und Spätburgunder, die mit dem neuen Jahrgang auch eine neue Flaschenausstattung erhalten haben, gehören zur Gebietsspitze. Das beginnt mit dem trinkfreudigen 2021er Devonschiefer Spätburgunder, setzt sich mit dem klaren und präzisen 2021er Walporzheimer Frühburgunder fort, zieht sich durch die Großen Gewächse und endet in einem raren, komplexen, tiefen uns saftigen Devonschiefer R Versteigerungs-Spätburgunder aus 2020. Diese Weise sind in angenehmer Weise klassisch bzw. old school, wie man heute sagt. Sie verneinen nicht den Holzeinsatz und den Extrakt, bieten aber gleichzeitig Frische, Lebendigkeit und Präzision.
Dass der 2021er Jahrgang an der Ahr Legendencharakter besitzt, liegt auf der Hand. Doch das hat nicht nur mit der Flut zu tun, sondern auch damit, was die Winzerinnen und Winzer aus der Katastrophe gemacht haben. Wir erinnern uns noch sehr gut an die Bilder der Fässer, die an jenem Tag aus den Kellern schwammen. Weinbau war nur weiter möglich, weil Teams aus befreundeten Weingütern, Freunde und Familie Dörte und Maike Tag und Nacht geholfen haben. Und dann haben die beiden eine Rotwein-Kollektion auf die Flasche gebracht, die all den Schweiß und die Tränen vergessen lassen. Es sind moderne, stoffige, saftige, elegante Weine wie die beiden Ortsweine Grauwacke und Grauschiefer. Das Große Gewächs aus dem Dernauer Pfarrwingert ist so lang, pur, dezent kraftvoll und elegant wie ein deutscher Chambolle.
Unter der Ägide von Hans-Jörg Lüchau hat sich der Deutzerhof zu einer der feinsten Adressen im Ahrtal entwickelt. Das beweist die aktuelle Kollektion, die diese Mischung aus Lebendigkeit, Finesse, Floralität und Eleganz nur unterstreicht. Schon an der Farbe sieht man, dass hier nur minimal extrahiert wird, um den Fokus direkt auf die Finesse zu lenken. Der „Balthasar“ Spätburgunder wirkt verspielt, saftig, straight und präzise; der „Casper“ schon deutlich fester, konzentrierter und strukturierter. Unter den großen Spätburgundern hat uns in diesem Jahr 2021er Eck und Mönchberg am besten gefallen. Das Eck wirkt fein, fast schwebend, der Mönchberg dunkler, etwas fruchtiger und begeistert mit einer perfekten Säurestruktur.
Wer die älteste Winzergenossenschaft der Welt sucht, wird in Mayschoß-Altenahr fündig. Sie wurde 1869 gegründet und umfasst heute 466 Mitglieder. Gut zehn Prozent der Flächen gingen bei der Flutkatastrophe verloren, viele Gebäude mussten abgerissen werden – bis auf den technischen Betrieb, was auch 2021 eine Produktion erlaubte. Die aktuelle Kollektion besteht jedoch vor allem aus 2020er und 2022er Weinen. Gefallen haben uns der rauchige 2020er Frühburgunder Goldkapsel und der sortentypisch angenehm rustikale, gleichzeitig charmante 2020er Portugieser Goldkapsel. Darüber hinaus haben wir die Weißweine als fruchtig, leicht süß und saftig empfunden. Die Rotweine wirken leicht gezehrt, eingekocht und hart. Da würden wir uns mehr Sexappeal wünschen.
