Gal Ben Mosh im Porträt: Ein Mann mit Mission

Gal Ben Moshe im Porträt: Ein Mann mit Mission

Gal Ben Moshe kreiert in seinem Berliner Restaurant "Prism" aufregende Gerichte, die seine israelischen Wurzeln mit den Aromen der ganzen Welt verbinden. Und auch auf Reisen wirbt der Vorreiter unermüdlich für eine levantinisch geprägte Spitzenküche.
Text Julius Schneider
Datum03.08.2023

Die Welt stand Gal Ben Moshe offen – warum Berlin?

Alle zusammen für ein Menü: Gal Ben Moshe (2. v. l.) mit Souschef Yoav Ronen (l.), Chefpatissier Lior Tuchfeld (2. v. r.) und Chef de Partie Noam Kühnemann (r.)

Stillstand kennt Gal Ben Moshe nicht, und in Berlin sah er das Potenzial einer Großstadt, die sich gastronomisch noch entwickeln konnte. Da wollte er dabei sein. "London, New York, Paris – dort gibt es so viele gute Restaurants", sagt er, "aber in Berlin war das vor zwölf Jahren noch nicht so, und auch heute ist hier noch viel in Bewegung." Sein in Charlottenburg gelegenes Restaurant  "Prism"  (vom FEINSCHMECKER mit 3,5 F bewertet) trägt dazu bei, dass es in der Hauptstadt auf den Tellern nicht langweilig wird.

Dezentes Licht, anthrazitfarbene Wände, reduziertes Interieur: der Rahmen für die farbenfrohen Gerichte, die im "Prism" serviert werden.

Gal Ben Moshe glaubt nicht an Übernatürliches, und doch gab es diesen Moment, der ihm rückblickend wie eine Fügung erscheint, weil er ihm den Weg in die Zukunft wies. Es war 2017, er kreierte für das libanesische Weingut Chateau Musar ein Menü, das zu dessen Weinen passen sollte. "In den Weinen entdeckte ich Wildheit, Ursprünglichkeit und eine fantastische Würze – meine Gerichte entstanden wie von selbst", sagt Moshe mit einem Leuchten in den Augen. "Von da an wusste ich, wie ich kochen wollte."

Zuvor lebte Gal Ben Moshes Küche von den Eindrücken, die er rund um den Globus gesammelt hatte – zum Beispiel während seiner Zeit im "Maze" in London, das zu Gordon Ramsays Restaurant-Gruppe gehört, oder im "Alinea" in Chicago, das für seine spektakulären Geschmackswelten und eine große Experimentierfreude bekannt ist. "Dort habe ich Präzision, Liebe zum Detail und eine neue Art der Küchenorganisation kennengelernt", sagt Gal Ben Moshe.

Steckbrief: Gal Ben Moshe

Name: Gal Ben Moshe

Alter: 38 Jahre

Stationen: Nach dem dreijährigen Militärdienst kochte Ben Moshe in Tel Aviv im "Mul Yam" und im "Orca". Danach arbeitete er in der Küche des "Maze" und "Hibiscus" in London, gefolgt vom "Alinea" in Chicago. 2012 eröffnete er in Berlin sein erstes eigenes Restaurant, das "Glass". Seit 2018 ist er Inhaber und Küchenchef des "Prism" in Berlin-Charlottenburg (3,5F; die detaillierte Restaurantbewertung finden Sie am Ende des Textes)

Restaurant: intime Atmosphäre, 20 Plätze, bodentiefe Fenster, anthrazitfarbene Wände, dezentes, warmes Licht

Team: Ben Moshe und vier weitere israelische Köche sind für das Menü verantwortlich, den Service leitet seine Frau Jacqueline Lorenz, die auch die Weinauswahl zusammenstellt

Hobbies: Gal Ben Moshe ist viel unterwegs, da er auch für die Küche des Restaurants im Tel Aviv Museum of Art verantwortlich ist. Die freie Zeit, die ihm bleibt, verbringt er mit seinen drei Kindern

Fine Dining und Levante im "Prism"

Das Feuer, das der libanesische Wein damals in dem freundlichen Israeli mit dem dichten Bart entfachte, es brennt noch immer, es lodert geradezu. Sechs Gänge stehen auf der Speisekarte, davor und danach wird eine Vielzahl kleiner Gerichte serviert. "Mein Essen erzählt meine Geschichte, ich könnte noch mehr servieren", sagt Ben Moshe. Den Anfang macht ein hauchdünnes Cornet aus Kichererbsen, gefüllt mit griechischem Fischrogensalat und Sumachzwiebeln. Als weiteres Häppchen vorweg folgt gesalzener Bonito mit Melone, Pinienkernen und türkischem Chili. Meeresaromen gepaart mit Gewürzen der Levante – unkonventionell gut.

Dasselbe gilt für das Menü, das mit Amela-Tomaten, gegrillten Fava-Bohnen und Rosen-Molke-Vinaigrette beginnt: Süße, Säure, Salzigkeit und blumige Aromen harmonieren aufs Feinste. Anschließend kommt rohe Bernsteinmakrele in Spitzenqualität, die von armenischen Gurken, unreifen Trauben und fermentierten Austern begleitet wird. Bei der folgenden Jakobsmuschel mit Wassermelone, Dashi, Lardo und Vanilleöl erscheint der erste deutliche Hinweis auf die Wurzeln des Küchenchefs. Denn der Speck stammt vom Awassi, einer Schafrasse aus dem Nahen Osten; Moshe lässt die Tiere auf einem Biohof in Brandenburg züchten. "Pur wäre der Geschmack zu intensiv, aber in der richtigen Dosierung ist der Orient unverkennbar, ohne zu übertünchen", sagt Ben Moshe. 

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Die Rotbarbe mit Tintenfisch ist betont salzig, erhält aber durch Joghurtsauce und Szechuanöl ei-nen cremig-würzigen Kontrast. Lamm mit Sauerkirschen ist ein typisch arabisches Gericht und bildet den Abschluss des Menüs. Bei Gal Ben Moshe verbirgt sich unter perfekt gegarter Lende vom Awassi-Lamm mit einer fruchtig-würzigen Sauce das eigentliche Highlight des Gerichts: knusprig-zarter Bauch, der über Holzkohle gegrillt wurde. Auch bei den Desserts zeigt sich, wie viel Spielraum die Aromen des Nahen Ostens bieten. Das Brie-Parfait mit Aprikosensorbet, schwarzen Oliven und Mandelmilch lebt von der Qualität der libanesischen Früchte und den salzigen Akzenten. Der Olivenölkuchen mit Rosencremeganache, Maulbeersorbet und Pistaziennougat eröffnet auch weit gereisten Gästen neue Geschmackswelten.

Exzellente Weinauswahl

Gastgeberin Jacqueline Lorenz führt nicht nur das Restaurant, sie wählt als Sommelière auch die Weine aus, die mit dem Menü korrespondieren. Mehr als 500 Positionen finden sich auf der Karte, die erstklassige europäische Winzer listet, doch der eigentliche Reiz liegt in der Auswahl an Weinen von israelischen und libanesischen Weingütern. Eine weitere Besonderheit ist, dass man jeden Wein auch glasweise trinken kann, was bei einer so spannenden Karte sehr zu empfehlen ist.

Was plant Gal Ben Moshe für die Zukunft?

Während Berlin im Hochsommer schwitzt, ist Gal Ben Moshe gedanklich schon im Winter. Während er durch seine endlosen Menü-Notizen scrollt, sieht man, wie es in ihm arbeitet. Plant und konzipiert er stets Monate im Voraus? Monate? Er muss lachen: "Ich habe Ideen für eine Million Jahre." Inspiration holt er sich nicht nur aus der levantinischen und arabischen Küche, schließlich reist er um die ganze Welt, um seine Version der modernen Küche des Nahen Ostens zu präsentieren. Im August kocht er in London, im September in Dubai und im November in Hongkong. 

"Die levantinisch geprägte Küche hat eine große Zukunft", sagt Ben Moshe, der mit seinem Schaffen zu jenen Vorreitern zählt, die eine in der Spitzenküche bislang unterrepräsentierte Region und ihre kulinarische Kultur ins Rampenlicht ziehen. Und das, obwohl dieser Weg keinesfalls vorgezeichnet war. Noch heute erzählt Gal Ben Moshe ungläubig, dass er erst mit 14 Jahren seine erste Falafel gegessen habe. Aber es ist wie so oft im Leben: Alles hat seine Zeit.

Zu Gast bei Gal Ben Moshe

Prism
R Q

Konzept: Fine Dining mit Inspirationen aus der levantinischen Küche im Menü, von dem es immer auch eine vegetarische Variante gibt.
Küche: Küchenchef Gal Ben Moshe ist in Israel aufgewachsen und hat als Koch die Welt kennengelernt. Das zeigt sich in seiner Küche, in der levantinische Elemente vorhanden sind, die aber mit asiatischen und europäischen Akzenten kombiniert werden. Das zeigt sich beim weißen Zackenbarsch „iskender“, der von der türkischen Küche inspiriert ist und mit Tomaten und Joghurt serviert wird. Zur Wachtel gibt es Feigen und libanesischen Kohlsalat.
Wein: Gastgeberin Jacqueline Lorenz hat mehr als 500 Positionen auf der Karte, darunter europäische Spitzenwinzer und eine spannende Auswahl israelischer und libanesischer Weingüter. Das Besondere: Jeder Wein kann glasweise getrunken werden.
Atmosphäre: Dunkle Wände, gedämpftes Licht und ein freundlicher, entspannter Service schaffen eine angenehme Atmosphäre.
Fazit: Entspannter Genuss mit Anspruch in zwanglosem Rahmen.

Fritschestr. 48, 10627 Berlin
+49 (0) 30 54710861
www.prismberlin.de
Di-Sa 18-0 Uhr
Menüs € 195 - 300

Die FEINSCHMECKER-Bewertungskriterien

In jeder Hinsicht perfekt
Küche und Service herausragend, Ambiente und Komfort außergewöhnlich
Exzellente Küche, sehr guter Service, Komfort und Ambiente bemerkenswert
Sehr gute Küche, guter Service, angenehmes Ambiente, komfortabel
Gute Küche, ansprechendes Ambiente
Solide Küche, sympathisches Lokal
Bewertung ausgesetzt
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