Noch mehr Probleme habe ich mit der neuen Weingeneration von E. & J. Gallo aus Kalifornien. „Dark Horse“ heißt die Marke. Egal ob Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, Zinfandel – alle sind sie makellos sauber, trocken, wohlschmeckend und echte Bestseller bei Amazon. Was gegen sie spricht? Eigentlich nichts, außer dass die Natur solch glatte Weine nicht liefert. „Dark Horse“, das sind Getränke, gewonnen aus vergorenen Trauben, durch Schönen, Verschneiden, Aromatisieren gekonnt zum flüssigen Leckerli veredelt für ein junges, hippes Partyvolk. In den USA gibt es „Dark Horse“ schon in Dosen. Mangel an Respekt bezeuge ich ganz ungeniert auch gegenüber den vielen Sauvignon, die in jeder Ecke Deutschlands wuchern. Allzu leicht lassen sich die Konsumenten von diesen parfümierten, aufdringlichen Weinen beeindrucken. Dabei ist deren an Erbsenschoten und grüne Paprika erinnerndes Würzaroma nichts anderes als eine Folge unreif gelesener Trauben. Ein Glas, und ich bin satt.
Secco: Ein merkwürdiges Prosecco-Plagiat deutscher Winzer
Selbst mancher Champagner ist vor meinem Hass nicht sicher. Oder besser: vor meiner Verachtung. Jedenfalls gilt das für die bekannten Markenchampagner, mit denen die Wohlhabenden im Lande gern ihren Lifestyle demonstrieren. Bei den meisten dieser Champagner ist im Mund überhaupt nix los, außer Prickeln. Mein Favorit ist diesbezüglich der „Blue Top“ von Heidsieck Monopole, die Nummer vier unter den in Deutschland meistgekauften Champagnern, eine wässrige Lösung mit Spuren von Weingeschmack und Kohlensäure. Wer weiß, wie gute Champagner schmecken können, sollte die Hände von derlei Brause lassen. Wenn ich schon beim sprudelnden Hass bin, darf der Secco nicht fehlen. Dieses merkwürdige Prosecco-Plagiat, bei dem deutsche Winzer minderwertige Partien Wein zum Prickeln bringen, ist für viele Güter ein hübsches Nebengeschäft geworden. Meinetwegen. Besser, als sie im Gully zu versenken. Das Schlimme ist, dass die meisten Secco reines Zuckerwasser sind. Amtlich gelten sie als Perlwein, und Perlweine dürfen, auch wenn „trocken“ auf dem Etikett steht, bis zu 35 Gramm Restzucker enthalten. Eine krasse Verbrauchertäuschung.
So schmackhaft wie Trauben von der Resterampe
Wieso Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner in ihrem berühmt-berüchtigten Video dem Nestlé-Boss öffentlich gratuliert, dass dieser den Zuckergehalt von Nesquik, Choco Crossies, Schöller-Eiscreme und anderen Produkten ein wenig gesenkt hat, aber solche Sünden im eigenen Zuständigkeitsbereich durchgehen lässt, ist schwer begreiflich. Übrigens habe ich auch mit anspruchsvollen Weinen meine Probleme, wenngleich das Wort „Hass“ dafür deplatziert ist: mit vielen südafrikanischen Pinotage, manch argentinischem Malbec, den meisten Lugana und Pinot Grigio aus Italien, jeder Menge missratenen natural wines, manchmal sogar mit französischen Burgundern. Ich denke speziell an den „Laforêt“ aus dem bekannten Weinhandelshaus Drouhin in Beaune. Konzipiert ist dieser Bourgogne Pinot Noir als Einstiegswein, der in großen Mengen hergestellt und günstig (rund 15 Euro) angeboten werden kann. Leider geht die Rechnung nicht auf. Zu diesem Preis gibt es nur Trauben von der Resterampe – aus Randlagen, von jungen Stöcken, deklassiertes Lesegut. Das Resultat ist ein glanzloser Wein, trinkbar, aber fade, ohne jenen Esprit, den man bei Pinot Noir erwartet. Ich schwöre: Gäbe es um mich herum nur „Laforêt“, Secco, „Dark Horse“ oder Primitivo, würde ich das Weintrinken noch heute einstellen.