Weintipp des Monats: "Friand et Juteux"

Weintipp des Monats: "Friand et Juteux"

Gerhard Retter liebt Wein – und liebt es, über ihn zu schreiben! Ab sofort gibt es jeden Monat einen neuen Weintipp mit dem Sommelier aus purer Leidenschaft.
Text Gerhard Retter
Datum03.08.2021

Genießer sind ruhelos und ständig auf der Suche – nach neuem faszinierendem Gaumenkitzel. Und Weinkenner sind wohl die schlimmsten Nomaden: Kaum haben sie ein neues Gebiet, eine neue Rebsorte entdeckt, schon sind sie auf dem Sprung zur nächsten Eroberung. Frei nach dem Motto: Bloß schnell weg, bevor sich die Masse hier breit macht.

"Friand et Juteux"

Preis 16,90 Euro – Bezug über alleswein.

So habe ich das boomende Jura „abgegrast“, meine Freunde kann ich damit schon lange nicht mehr beeindrucken. Die Rettung jedoch ist nah, wir springen quasi von einem Gipfel zum nächsten, vom Jura geht es nach Savoyen. Dem Wintersportler schlägt das Herz gleich höher, wenn er Namen wie Chamonix hört, der Gourmet denkt reflexartig an Spitzenkoch Marc Veyrat – und die Voraussetzungen sind gut, dass das Herz der Weinfreaks hier auch bald höher schlägt: geschützte Lagen, autochthone Rebsorten mit Charme und in den richtigen Winzerhänden auch viel Charakter, alpine Frische, gepaart mit druckvoller Mineralität, Weine mit vibrierendem Trinkfluss.

Savoyen ist eines der kleinsten Weinanbaugebiete Frankreichs. Nur wenige Flaschen verlassen das Gebiet. Die Zahl der ernsthaft arbeitenden Winzer ist überschaubar, etwa der noch unbekannte Mathieu Apffel in Saint-Baldoph, südlich von Chambéry. Seinen Rotwein aus der roten Mondeuse-Traube nennt er „Friand et Juteux“ (wörtlich: besessen und saftig) mit dem Zusatz: „Vin Rouge léger“ – was angesichts der 10% Prozent Alkohol stimmt!

Dieser ungefilterte, ohne Schwefel abgefüllte Wein besticht in der Nase durch Noten von Weichsel, Schlehe, Granatapfel, Preiselbeere, weißem Pfeffer, Piment und Nelke. Am Gaumen eine ungeahnte Komplexität und ja – die Saftigkeit! Ein wahres Juwel gemessen an Preis und Eigenständigkeit!

Alkohol als Geschmacksträger wird hier ad absurdum geführt, der Wein lebt von Frucht, Würze und Frische. Apffelwein erster Güte! Gekühlt passt er mittags zu kurz auf der Haut gebratenem Fisch oder gegrilltem Geflügel, nachmittags zu Charcuterie und handwerklich hergestelltem Käse oder abends zum Wild, rosa gebratenem Lamm oder Pasta mit frischen Kräutern.

Und eines können Sie mir glauben: Mit Savoyen sind Sie der Weinkarawane voraus. Noch!

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