FEINSCHMECKER Gastro-Awards 2020











Was für ein Jahr! Von Normalität weit entfernt und von Herausforderungen geprägt – vor allem für die Gastronomie, die aus der Zwangspause wirtschaftlich schwer gebeutelt in den Restart ging und noch immer durch Auflagen für Abstand und anderem reglementiert ist. Doch in dieser schwierigen Zeit zeigte sich umso mehr, wer mit richtigen Konzepten und Ideen gut gerüstet war und wer etwas bewegen konnte. Wie schon im vergangenen Jahr zeichnet DER FEINSCHMECKER deshalb wieder zehn Gastronomen und Köche aus, die uns 2020 auf besondere Weise überzeugten. Hier sind die Besten der Besten!
Koch des Jahres – Felix Schneider
„Sosein“, Heroldsberg
Unter den Köchen der deutschen Topliga gehört Felix Schneider zu den kompromisslosesten Vertretern seiner Zunft; oder auch zu den konsequentesten. Im Heroldsberger Gasthaus von 1536 hat er seine stringente Interpretation der Regionalküche kontinuierlich weiterentwickelt. Er sammelt nicht nur wie viele andere auch Pilze im Wald, baut Gemüse an und backt Brot. Er stellt Butter her und produziert eine Variante der altrömischen Würzsauce Garum aus fermentierten Fischabschnitten. Vor allem aber geht es Felix Schneider um den absoluten Höhepunkt eines Produktes. Deshalb arbeitet er mit zahlreichen Bauern, Gärtnern und Jägern eng zusammen, um die besten Zutaten zum perfekten Zeitpunkt zu bekommen – und diese dann genauso konsequent durchdekliniert zu servieren.
Bei dem Gericht „Ein Jahr Karotte“ kommt das Gemüse zum Beispiel in allen Wachstumsstufen auf den Teller, vom Samen bis zur Wurzel, vom sprießenden Grün bis zur Blüte. Differenzierter und bewusster kann man ein Naturprodukt kaum erschmecken. Beim Wildhasen serviert er in bester Nose-to-tail-Tradition sowohl Rücken und Keule als auch Herz und Leber mit Erbsen-Miso und gesalzenen Traubenkirschblüten. Die Tiere werden bei Felix Schneider grundsätzlich ganz verarbeitet, aus den großen Fettmengen des Mangalitza-Schweins etwa entsteht wunderbarer Lardo, gewürzter weißer Speck. Alle im Restaurant servierten Tiere werden stressarm geschlachtet, Fisch etwa nach der Ike-Jime-Methode. Kochen ist für Felix Schneider nicht einfach eine Zubereitungsmethode, sondern eine Einstellung.
Das vielgängige Menü beginnt für alle Gäste zur gleichen Zeit. Das gemeinschaftliche Erlebnis, das mit dem gemeinsamen Brotbrechen als Ritual beginnt, steht für Schneider im Mittelpunkt. Auch deshalb hat er sein Restaurant Sosein genannt, weil es ihm um nichts weniger geht als um das Wesen der Dinge.
Mit seiner Konsequenz regt Felix Schneider zum Nachdenken an – und leistet so einen wertvollen Beitrag für bewussten Genuss und Wertschätzung von Ressourcen.



Restaurant des Jahres – Ammolite
Rust

Fine-Dining-Restaurant im Vergnügungspark? Aber ja doch – und wie! So kosmopolitisch und glamourös sind nur wenige Toprestaurants hierzulande: im Erdgeschoss des Ammolite eine Farbwelt in Gold, Aubergine und Silber, schimmernde Organzavorhänge trennen die Tische. Ein spektakuläres Kunstwerk am Eingang aus farbigen Glasfäden ist eine Hommage an den namengebenden Schmuckstein. Peter Hagen-Wiest füllt diesen Rahmen mit einer geschmackssatten, herrlich sinnlichen modernen Hochküche. Der sympathische Österreicher konzipiert hochpräzise, zeitgemäße Klassik in zwei Menüs: „Black Forest Cuisine“ mit heimischen Zutaten und „Around the World“ mit internationalen Topprodukten. Besser kann die Verbindung von Heimat und weiter Welt kaum gelingen. Der exzellente, aber kein bisschen steife Service unter Leitung von Sommelier Marco Gerlach und die umfangreiche Weinauswahl (450 Positionen) sorgen für ein herausragendes Gesamterlebnis.
Konzept: Modernes, spektakulär designtes Toprestaurant im Europapark Rust mit zwei Siebengänge-Menüs (€ 169), eines davon vegetarisch.
Küchenstil: Peter Hagen-Wiest hat das Restaurant an die Spitze in Deutschland geführt mit einer zugleich hochkreativen, aber nie artifiziellen Küche. Der sympathische Österreicher konzipiert hochpräzise, zeitgemäße Klassik in zwei Menüs: „Around the World“ mit internationalen Topprodukten und „Green Forest“, die vegetarische Variante, die sich stilistisch von den Küchen der Welt inspirieren lässt, wenn etwa der japanische Eierstich Chawanmushi mit Shiitake und Beten auf den Teller kommt oder Ricotta-Ravioli mit Walnuss und Zwiebel. Im Weltmenü beginnt das Essvergnügen im Herbst ganz klassisch mit Gänseleber, Trüffel und Topinambur, um nach Jakobsmuschel mit Apfel, Blutwurst und Steckrübe zum elegant inszenierten Kalbsbries mit Spitzkohl und Bergamotte-Noten überzugehen. Alles ist höchst ästhetisch auf immer passendem Geschirr angerichtet.
Wein: Sommelier Marco Gerlach zählt zu den Besten seines Fachs. Er berät bei der Auswahl von 450 Positionen mit dem Besten aus den Weinbauregionen der Welt.
Atmosphäre: Das Restaurant im Erdgeschoss ist eine Farbwelt in Gold, Aubergine und Silber, schimmernde Organzavorhänge trennen die Tische. Am Eingang befindet sich ein spektakuläres Kunstwerk aus farbigen Glasfäden, eine Hommage an den namengebenden Schmuckstein. Versierter, zugewandter Service auf Augenhöhe.
Fazit: Souveräne Empathie und erstklassige Stimmung mit dem Gast im Mittelpunkt – rundum ein Wohlfühlerlebnis!
Restaurantdesign – Bianc
Hamburg

Matteo Ferrantino, Spitzenkoch aus Apulien und Wahlhamburger, hat mit dem bianc auch beim Interieur seine Idealvorstellungen verwirklichen können und die Sonne des Mittelmeerraums in die Hafen-City geholt. Die Architektin Julia Erdmann verband elegante Modernität in dem lichten Restaurant mit verglaster Küche mit entspanntem Glamour. Im Zentrum steht als Blickfang ein knorriger Olivenbaum, er stammt aus dem Garten von Ferrantinos Eltern. Wie viele andere Materialien auch: die Steinfliesen, das Parkett aus Olivenholz, die Decke aus Pinie, die eine Pergola zitieren. Die kleinen Tische sind einladend, die Leuchten spenden warmes Licht. Ein wahrer Ort der Lebensfreude.
weitere Nominierte:
„ammolite“, Rust
„Setzkasten“, Düsseldorf
Konzept: Moderne italienische Hochküche in der HafenCity in zwei Menüs (jeweils € 190): „Emotion“ und „Garten“ (vegetarisch).
Küchenstil: Auf kreativ gestalteten Platten, Tellern und Tafeln lässt Matteo Ferrantino (vorher „Vila Joya“ an der Algarve) pro Abend neun mindestens ebenso exquisite Amuse-Bouches auftragen – von der Austernperle mit Bergamotte bis zur Gambatortilla. Nach der Brotauswahl mit Focaccia, Grissini und Crostini folgen acht Kreationen, ebenfalls auf speziell für das „bianc“ designtem Porzellan. Das können höchst aromatische Gerichte sein wie Taschenkrebs mit Karotte und Orange oder Jakobsmuschel im Olivenölsud oder Thunfisch-Toro (Filet) mit Roter Bete und Sardinen-Consommé. Oder vorzügliches Ibérico mit Chipirones (kleinen Kalmaren), Chorizo und Zwiebel. Und irgendwann schließt ein „Herbstliches Tiramisu“ die immer spannende Menüfolge ab – nicht ohne den Hinweis der jungen Mannschaft im Service auf die noch folgenden Petits Fours.
Wein: Zu den Menüs wird jeweils eine harmonisch auf die Gerichte abgestimmte Weinbegleitung (€ 120) angeboten, oft mit ausgezeichneten, kaum bekannten Gewächsen.
Atmosphäre: Rund um den Olivenbaum genießen die Gäste das mediterrane Flair im großzügig durchgestylten Restaurant. Für die stets heitere Stimmung im Restaurant sorgen Matteo Ferrantino und seine engagierte Crew – und natürlich die kreativen Menüs.
Fazit: Das Genusserlebnis wird hier mit viel Empathie und Kochkunst an den Gast gebracht.
Gemüse-Visionär – Essigbrätlein
Nürnberg

Andree Köthe und Yves Ollech gehören seit den 90er-Jahren zu den Gemüse-Pionieren: Sie kreierten pflanzliche Jus, raffinierte Öle und Gemüsedesserts schon lange vor dem Veggie-Hype für ihre aufregenden Menüs. Bereits 1999 entwickelten sie das Gericht „Rote Bete mit Kümmelkaramell“, das die deutsche Hochküche inspirierte. Heute präsentiert das Duo im Essigbrätlein herausragende, ausgereifte Gerichte wie das „Grüne Gemüse mit Kamillencreme“: Frischer Salat, Kräuter und Spargel werden umspielt vom milden Heilkraut. Köthe und Ollech arbeiten eng mit Produzenten aus der Region zusammen, besuchen regelmäßig die Felder und suchen sich die Produkte mit dem optimalen Reifezeitpunkt aus. Das siebengängige vegetarische Menü im „Essigbrätlein“ ist eine wunderbar genussvolle Entdeckungsreise in die Welt des Gemüses.
weitere Nominierte:
Nils Henkel, Papa Rhein, Bingen
Paul Ivič, „Tian“, München/Wien

Konzept: Eine der innovativsten Küchen des Landes hinter historischer Fassade mit Butzenglasscheiben; Andree Köthe und Yves Ollech zählen zu den Vordenkern zeitgemäßer Gemüseküche. Menü € 100-180.
Küchenstil: Die höchst eigenständige Handschrift des Hauses basiert auf großer Nähe zum Produkt – Köthe sammelt jeden Morgen selbst in der Natur. Gerichte hier waren „plant-based“, bevor es den Begriff überhaupt gab, sie sind immer überraschend anders am Gaumen, lassen Vertrautes in neuem Licht erscheinen. Kleine, für mehr Geschmack leicht angetrocknete Bauerngurken bilden auf Duftreiscreme mit Wacholder und Kerbelsaft eine animierende Vorspeise. Als „Bohne und Blatt“ werden zu knackigen Gartenbohnen auch die frischen, intensiv duftenden Blätter serviert; Pfifferlinge auf Hefecreme harmonieren perfekt mit fermentiertem und roh mariniertem Rettich. Fisch und Fleisch kommen vor, sind aber in der Minderheit: Leicht angebeizter Saibling mit Karotte, eingelegtem Ingwer und Korianderblüten wird so behutsam auf der Haut gart, dass Letztere ganz cremig wird, der Fisch aber fast roh bleibt – ein neues Geschmacksbild.
Wein: Ivan Jakir entwickelt zur fordernden Küche ein hochindividuelles Weinkonzept; am liebsten schenkt er Gereiftes aus, gern aus Franken. Sehr gute alkoholfreie Begleitung!
Atmosphäre: In den holzgetäfelten, behutsam modernisierten Räumen nehmen die Gäste an stilvoll gedeckten Tischen Platz; die Stimmung ist angenehm unprätentiös, der freundliche Service stets bestens informiert.
Fazit: Kulinarische Bildungsreise für Fortgeschrittene.
Innovative Küche – Rutz
Marco Müller, Berlin

Marco Müller aus dem Rutz ist stets auf der Suche: „Was gibt es noch, woran wir nicht gedacht haben?“ Mit der Antwort beginnt die Experimentierphase. Die Ergebnisse dieses kreativen Prozesses präsentieren seine „Inspirationsmenüs“ rund um eine besondere Idee. Dabei kombiniert Müller genussvoll regionale Produkte ungewöhnlich neu: „Grüne Erdbeeren, Muscheln und Weizengras“, „Dorsch, Kombu-Alge und Holunderblüte“, „Walnuss, Quellforelle, Lardo, Bottarga und Blumenkohl“ sind Beispiele einer hochinnovativen Spitzenküche, die beweist, wie viel Potenzial auch in vermeintlich einfachen Produkten steckt. Sommelière Nancy Großmann begleitet kongenial – auch alkoholfrei.
weitere Nominierte:
„Klassenzimmer in der Alten Schule Fürstenhagen“, Feldberger Seenlandschaft, Daniel Schmidthaler;
„Horváth“, Berlin, Sebastian Frank

Konzept: Marco Müller hat sein Gourmetrestaurant erfolgreich relauncht. Gemeinsam mit Küchenchef Dennis Quetsch kocht er individuell und fokussiert mit den allerbesten Produkten – gern aus der Region. Menü 265-285.
Küchenstil: Seine Menüs sind ein vielschichtiges Erlebnis, etwa wenn er trocken gereifter Ikejime-Karpfen von den Müritzfischern zeigte im Rohzustand glasklaren Geschmack und brillierte im komplexen Aufbau aus Holunder (Sud, eingelegte Knospen, geeiste Essigperlen), Rettichscheibchen, Karpfen-Würzcreme und -flakes mit spielerisch leichter Eleganz. Vom japanischen Grill kamen BBQ-würzige, mit der Fischsauce Garum bestrichene Karpfen-Rippchen. Höchst individuell sind auch die Fleischgänge ohne traditionelle Saucen: Beim Wagyu aus dem niedersächsischen Auetal betonten mit Lindenblütenessig benetzte junge Triebe und Sud aus Tomate, gerösteten Zwiebelgewächsen und Essig den kernig-schmelzenden Fleischgeschmack.
Wein: Die vielfach ausgezeichnete Sommelière Nancy Großmann kann auf einen umfangreichen Weinkeller mit 500 Positionen zurückgreifen. Auch eine hausgemachte alkoholfreie Begleitung wird jetzt angeboten.
Atmosphäre: Die Architektin Gesine Weinmiller gestaltete das Restaurant komplett neu: Vor Natursteinwänden aus Brandenburger Nagelfluh wurde ein mit Einmachgläsern gefülltes Regal wie eine Installation platziert. Die Weinbar im Erdgeschoss ist nun mit der bisherigen Gourmet-Beletage verschmolzen: Ledersitzbänke, japanische Holzstühle und Spots bestimmen das Ambiente.
Fazit: Kulinarische Bildungsreise in elegant geradlinigem Ambiente mit Wohlfühlatmosphäre.
Lieblingsgasthaus – Haus Stemberg
Velbert

Wie der Spagat zwischen Spitzenküche und Wirtshausklassikern erfolgreich funktioniert und damit ein Toprestaurant in die Zukunft führt, zeigt Sascha Stemberg beispielhaft im familiengeführten Restaurant Haus Stemberg im Bergischen. Das Motto „Zwei Küchen von einem Herd“, also beste Landhausküche und weltoffenes zeitgemäßes Fine Dining, wird hier perfekt gelebt. Keine stundenlangen Menüreigen, sondern sinnenfrohe, dynamische Speisenfolgen. Junior Sascha und Senior Walter Stemberg arbeiten Hand in Hand. Auch bei den Kochkollegen erfreut sich das Haus großer Wertschätzung, man trifft sie hier oft. Das Ambiente bewahrt die heimelige Historie im Backsteingebäude mit Schieferverkleidung, holzgetäfeltem Gastraum und historischen Kamin und setzt zugleich mit modernen Möbeln und schöner Tafelkultur Akzente, die ganz heutig sind.
weitere Nominierte:
„Diergardts Kühler Grund“, Hattingen
„Spielweg“, Münstertal
Konzept: Familienbetrieb, der zwei Konzepte unter einem Dach vereint. Serviert werden sowohl ein Menü (€ 80-105) als auch À-la-carte-Gerichte.
Küchenstil: Die Stembergs sind Gastgeber aus Leidenschaft. In ihrem Toprestaurant, haben sie sich auf die Fahne geschrieben, Gasthausklassiker und Gourmetküche gleichermaßen wertzuschätzen – und das funktioniert wunderbar! Weltoffen und auf klassischer Basis sind die Gerichte, viele mit regionalen Produkten. „Stemmi’s Blutwurst“ mit Sauté von Elstar, kleinen Kartoffeln, Röstzwiebeln und Schmorjus (€ 23), der in Kräutern gebratene Wolfsbarsch auf Alblinsen in Hummercreme (€ 42) oder das Ochsenbäckchen in Burgunderjus mit gebratenen Waldpilzen und cremigem Selleriepüree sind exzellent gekocht und hervorragend präsentiert.
Wein: 250 Positionen mit deutschem Schwerpunkt, 15 Weine werden offen ausgeschenkt.
Atmosphäre: Familiär geht es zu im Hause Stemberg, gemütlich ist die Stube im alten Gasthaus. Der lichte Wintergarten ist modern designt.
Fazit: Souveräne Empathie und erstklassige Stimmung mit dem Gast im Mittelpunkt – das absolute Wohlfühlerlebnis!
Nachhaltigkeit – Gutsküche Wulksfelde
Matthias Gfrörer

Nachhaltig und saisonal orientierte kreative Landhausküche liefert Matthias Gfrörer so authentisch wie wenige andere. Sein Restaurant Gutsküche Wulksfelde ist genau dort angesiedelt, wo das Gemüse wächst und die Tiere artgerecht werden, deren Fleisch er für seine Gerichte verwendet: Gemüse, Obst, Fleisch, Eier und Backwaren kommen vom Hof Wulksfelde im Norden Hamburgs, zu dem das Lokal gehört. Sogar der Ledereinband der Weinkarten wird aus den Häuten der geschlachteten Rinder gefertigt. Und bei Gförer kommt nur in die Küche, was saisonal und geschmacklich auf dem Höhepunkt ist. Die regionale Orientierung ist dabei kein Dogma – auch Zutaten wie Pulpo oder Passionsfrucht haben ihren Platz auf seiner Speisenkarte.
weitere Nominierte:
„Sosein“, Heroldsberg, Felix Schneider
„La Vallée Verte“, Herleshausen, Peter Niemann
Konzept: In der offenen Küche auf dem Gelände des Biolandhofes Gut Wulksfelde bereitet Matthias Gfrörer modern-regionale Gerichte zu, vor allem mit Produkten des Gutes. Täglich wechselnder Mittagstisch und – neu diesen Sommer: Café und Deli mit großem Biergarten.
Küchenstil: Aus nachhaltiger Fischerei kommen die Zutaten für die Gutsküchen-Bouillabaisse mit Sauce Rouille (€ 18) ebenso wie der Winterkabeljau mit pikanten Linsen und Sauce Piperade (€ 23). Vegetarisch komponiert ist das Piemonteser Risotto mit wildem Brokkoli und Steinpilzjus (€ 23), aus heimischer Aufzucht kommt das Fleisch fürs Saltimbocca vom Rothirschkalb mit Kartoffel-Kastanienpüree (€ 27).
Wein: Unter den rund 200 Weinen ist ein Großteil biozertifiziert, darunter auch Gewächse von renommierten Winzern.
Atmosphäre: Rustikal eingerichtetes Restaurant mit Holztischen. Lebendige Atmosphäre, in der die Gäste ohne Dresscode die saisonale Landhausküche genießen.
Vorbildlicher Arbeitgeber – Meyers Keller
Joachim Kaiser, Nördlingen

Bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften hat Joachim (Jockl) Kaiser wenig Probleme. Das liegt an den attraktiven Bedingungen, mit denen er gerade jungen Leuten am Anfang der Berufslaufbahn hilft: Unterkunft und Verpflegung werden in Meyers Keller in Nördlingen gestellt. Die Mitarbeiter rotieren, haben so Abwechslung und werden zudem eingeladen, sich fortzubilden. Das breite Netzwerk an Produzenten, Lieferanten und Winzern, mit dem Kaiser auch im Rahmen der Jeunes Restaurateurs zusammenarbeitet, ermöglicht interne und externe Schulungen. Der Chef sorgt für eine angenehme Arbeitsatmosphäre, lehnt strenge Hierarchien ab und animiert alle im Team, sich einzubringen.
weitere Nominierte:
Michael Oettinger, „Oettingers Restaurant“, Fellbach
Frank Rosin, „Rosin“, Dorsten

Konzept: Gourmet- und moderne Regionalküche in einem Haus, aber nicht räumlich getrennt. Vielseitige Karte mit zwei Menü-Vorschlägen (vegetarisch und „Aus Wasser, Flur und Wald“), die drei bis sieben Gänge umfassen können (€ 75-168), dazu das Menü „Mit Laib und Seele“, das regionales Soulfood umfasst (€ 79), und Wirtshausklassiker à la carte.
Küchenstil: Jockl Kaiser hat sich schon vor Jahren von einem separaten Gourmetrestaurant verabschiedet und serviert seine Kreationen in allen Räumen des modern-leger gestalteten Hauses. Virtuos wird ein Hauptprodukt mit seinen Begleitern in Szene gesetzt. Im vegetarischen Menü kommt Sellerie in der Holzkohle gegart und als Terrine verarbeitet mit Hafermilch, einem Haferchip, Sauerampfer und einem Sorbet vom Jakobiapfel, einem weißen Klarapfel, auf den Teller. Den herben Sellerie begleiten säuerliche und fruchtige Noten hervorragend. Auch im zweiten Menü zieht Jockl Kaiser alle Register, wenn er Hirschkeule in Miso gebeizt, mit gepickelter Bete und als Gel serviert und dazu marinierte
Weintrauben, Mini-Rosinen und Miso-Crumble als Topping reicht. Das heimische Wild kommt mit den asiatischen Umami-Noten aromatisch stärker zur Geltung, ausbalanciert durch die süßen Aromen. Dass man hier auch bodenständige Genüsse wie Blutwurst-Gröstl auf Selleriepüree mit glacierten Äpfeln und Radieschen und Sprossen (€ 21) bekommt und einen formidablen Zwiebelrostbraten mit Maultaschen (€ 29,50) macht „Meyers Keller“ zur beliebten Einkehr.
Wein: Sommelier Johannes Weber bietet eine überwiegend heimisch orientierte Weinbegleitung an, mehr als 200 Positionen stehen in der Karte zur Wahl.
Atmosphäre: Entspanntes Ambiente in großem Raum mit Holzfußboden und -tischen. Hier sitzt man unter der Holzbalkendecke sowohl in Ruhe zu zweit als auch gesellig in größerer Runde. Der zweite getäfelte Raum wirkt traditioneller. Im Sommer ist unter Bäumen vor dem Haus mit Blick über die Stadt eingedeckt – ein modernes Wirtshaus im besten Sinne.
Fazit: Entspannter Genuss mit hohem Anspruch und professioneller Gastlichkeit.
Teamplayer – Tobias Bätz
„Alexander Herrmann by Tobias Bätz“, Wirsberg
Wenn die Mitarbeiter im Service und in der Küche die gleichen Uniformen tragen, der Service beim Gemüseputzen hilft und die Küchenbrigade die Teller an den Tisch bringt, zeigt sich in Reinkultur: Wir sind ein Team, wir unterstützen uns gegenseitig. Dieser Teamgeist wird vorbildlich gelebt und befördert von unserem aktuellen Koch des Monats Tobias Bätz und seinem Partner Alexander Herrmann. Beide waren von Beginn an fest entschlossen, ein Team im Restaurant Alexander Herrmann by Tobias Bätz aufzubauen, in dem es nicht laut wird, in dem alle Spaß bei der Arbeit haben und Wertschätzung erfahren. Dass dieses Vorhaben gelungen ist, zeigt sich an der jahrelangen Treue vieler Mitarbeiter. Eine eingespielte Topbrigade bringt auch Topleistungen!
weitere Nominierte:
Anton Schmaus, „Storstad“, Regensburg
Jan Hartwig, „Atelier“, München
Konzept: Tobias Bätz setzt seit Jahren das Konzept von Alexander Herrmann im Posthotel konsequent und eigenständig um. Zwei Menüs: „Experience grenzenlose Heimat“ und „Experience off – ohne Fleisch oder Fisch“ mit entweder sechs (€ 189) oder acht (€ 219) Gängen.
Küchenstil: Moderne Gourmetküche mit regionalem Schwerpunkt, das ist das Motto von Tobias Bätz. Er arbeitet eng mit einem Foodscout zusammen, ist immer auf der Suche nach Neuem und regionalen Produzenten. In der Küche zieht er alle Register der Gartechniken, es wird gekocht, dehydriert, fermentiert, gepökelt und gegart. Im Menü liegt dann etwa ein nach der japanischen Ikejime-Methode schonend getöteter Zander auf dem Teller, roh, in Scheiben mariniert sowie als Tatar; Pilze und Calamondin-Salzzitrone (als Gel und als Streifen) setzen dabei aromatische Kontrapunkte. Darauf folgt etwa eine Garnele aus bayerischer Zucht, angerichtet im gesäuerten Lauchsud mit gebranntem Lauch und dazu Krabbenchips. Eine Lammkeule und der geröstete Bauch stehen etwa beim Hauptgang im Zentrum, begleitet von Rettich, Kaffirlimette und Champagner-Roggen. Im vegetarischen Menü zeigt Bätz ebenso sein Können, wenn er den Pilz Krause Glucke brät und mit Senfgurken, Honig und Vinaigrette von Fichtenspitzen und Bienenwachs den Geschmack des Waldes auf dem Teller bringt. Die Kompositionen von Bätz überraschen und überzeugen geschmacklich vollends.
Wein: Die Produzenten der Region bilden den Schwerpunkt auf der Karte, einige Weine sind mit mehreren Jahrgängen vertreten.
Atmosphäre: Das Alte ist hier neu inszeniert – Lampen hängen als kleine Tropfen von der Decke, die noch Rohre und Leitungen zeigt, filigrane Leuchten setzen Tische in Szene, roh belassene Wände sind rosé gestrichen. An den weiß gedeckten Tischen nehmen die Gäste auf dicken Polstersesseln Platz. Tobias Bätz legt Wert auf Teamarbeit: Service und Köche tragen die gleiche Uniform, die Mitarbeiter erklären auf kleinen Kärtchen auf dem Tisch einzelne Gerichte.
Fazit: Zeitgemäßes Genusserlebnis, empathische Stimmung mit dem Gast im Mittelpunkt – das absolute Wohlfühlerlebnis!
Sonderpreis Solidarität – Ilona Scholl und Max Strohe
Kochen für Helden, „Tulus Lotrek“, Berlin

Mit der Aktion „Kochen für Helden“ setzten Ilona Scholl und Max Strohe aus dem Restaurant Tulus Lotrek in der Hochphase der Corona-Pandemie ein Zeichen und lösten eine Solidaritätswelle in der deutschen Gastronomie aus: Mit den übrig gebliebenen Lebensmitteln aus Restaurants und von Großhändlern wurde für die Helden des Alltags gekocht. Menschen in den sogenannten Funktionsberufen wie Ärzte, Pfleger, Sanitäter, Feuerwehrleute und Mitarbeiter in Apotheken und Supermärkten wurden mit frischen Mahlzeiten versorgt, als Kantinen und Restaurants geschlossen waren. Von Hamburg bis Regensburg fand die Idee große Resonanz – über 100 Restaurants machten mit. Dazu kam Unterstützung von Grafikern, Agenturen und Lieferdiensten. Die enorme Solidarität innerhalb der Restaurantbranche hat vielen Mut gemacht und geholfen, den Lockdown durch aktives Tun zu meistern.
Konzept: Ein in jeder Hinsicht angenehm unangepasstes Restaurant, sehr persönlich geführt vom Inhaberpaar Ilona Scholl und Max Strohe. Zwei Menüs, eines vegetarisch (€ 139-175).
Küchenstil: Strohe hat nie bei einem großen Köchen gelernt und vielleicht deshalb seinen ganz eigenen Stil entwickelt, mal wuchtig-aromenstark, mal süffig-tiefgründig. Seine Basis ist klassisch, die Ideen originell, etwa wenn Waffelteig-Tartelettes mit Yuzu, gepalten Erbsen und frischen Kräutern wie Mini-Blumentöpfe aussehen oder Jakobsmuschel mit Karotten-Seeigel-Püree samt Chilischärfe dekorativ in der Schale serviert wird. Gewitzt ist der vegetarische „Döner“ mit karamellisiertem Sellerie, türkischem Joghurt und Chili-Sumach-Gewürz.
Wein: Engagierte Weinauswahl (gern auch aus dem Natural-Bereich), aber auch Bier, Sake, Cocktails und andere „Berauschungsliquide“ stehen zur Wahl.
Atmosphäre: Im sympathischen Altbau-Ambiente mit Stuck und Parkett haben die Dschungel- und Waldmotive der Tapeten und Service-Outfits längst Kultstatus. Ilona Scholl steht für einen herrlich eigenen, ebenso humorvollen wie professionellen Servicestil, eine floskelfreie Wohltat. Hübsche, grün eingewachsene Terrasse.
Fazit: Entspannter Genuss mit Anspruch und sehr individuellem Anstrich.