Felix Schneider: Tief verwurzelt

Felix Schneider: Tief verwurzelt

Handgemacht, hausgemacht, aus der Region - und das ganz konsequent. Wie kaum ein anderer treibt Felix Schneider im Nürnberger Etz die Debatte um Nachhaltigkeit voran.
Text Julius Schneider
Aktualisiert 28.02.2024

Was macht den Koch Felix Schneider aus?

Er wusste schon früh, dass er Koch werden will. Nach dem Abitur absolvierte er seine Lehre im Aumer’s La Vie in Nürnberg, merkte aber schnell, dass ihn der klassische Küchenbetrieb zu sehr einengte. Gemeinsam mit Jens Brockerhof von der Cateringfirma El Paradiso und der Designagentur Toc. wurde 2015 das Konzept für das Sosein entwickelt, um Felix Schneider freie Hand zu ge­ben. Im Sosein wurde immer nur das ge­kocht, was die Saison hergab, nebenher Teige angesetzt, Gärten gepflegt und in den riesigen Waldgebieten rund um Herolds­berg Zutaten gesammelt.

2021, nach der Schließung des Sosein, wagte Felix Schneider mit dem Etz einen Neustart, ohne seiner Philosophie untreu zu werden. Im Gegenteil: Zusammen mit seinem Team setzt der Sternekoch sein starkes Konzept seither noch konsequenter und kompromissloser um. Im Etz, was aus dem Fränkischen übersetzt "Jetzt" bedeutet, wird kulinarische Achtsamkeit gelebt. Jeden einzelnen Augenblick.

Felix Schneider: kompromisslos nachhaltig

Alles aus der Umgebung: Blütenküchlein von Felix Schneider

"Es gab einen Moment, da hatte ich ein Rinderfilet vor mir, das von einem Tier aus einer der größten Farmen der Welt kam, und ich fragte mich: warum?", erinnert sich Felix Schneider. Ein Gedanke, der ihn dazu brachte, Abläufe und Produkte infrage zu stellen und sich dem zu widmen, was aus der Region kommt: bestes Rind­fleisch, Schweinefleisch in Topqualität und Gemüse in allen Variationen. 

Konsequent verfolgt er seine Idee, durch Kochen Veränderung zu schaffen, und arbei­tet dazu eng mit Bauern und Jägern zusam­men. Gemüse baut er im eigenen Garten an und sammelt Zutaten in der Natur. So leistet er einen Beitrag zu einem ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln und zeigt, wie viel Genuss in Nachhaltigkeit steckt.

Steht ein Wildkräutersalat auf der Karte, dann, erklärt Felix Schneider, "wird dieser nicht beim Großhändler bestellt, sondern von uns im Wald gesammelt." Um zu verdeutlichen, dass es kein gemütlicher Spaziergang ist, geht Schneider auf allen Vieren. "Man muss ganz dicht am Boden sein, um die Kräuter zu erkennen und schnell einsammeln zu kön­nen." Mit flinken Handbewegungen zupft er imaginäre Kräuter und lacht dabei. "Ein Kilo Wildkräuter – das kann dauern."

Offene Küche und gedeckte Farben: entspanntes Fine-Dining im etz in Nürnberg

Was steht bei Felix Schneider im Etz auf der Speisekarte?

Wie schon im Sosein setzt Felix Schneider im Etz beständig auf Experimentierfreude und haus­gemachte Produkte. Essige, Schinken und Butter werden selbst gemacht. Das Brot na­türlich auch: Ein paar Stunden zuvor gebacken, kommt es frisch auf den Tisch. 

Jeder Gang im Etz ist technisch tadellos zubereitet, vielschichtig und jahreszeitlich justiert. Statt vier gibt es sieben Jahreszeiten, an denen sich die Küche orientiert. Jede Vegetationsperiode soll sich in den Gerichten widerspiegeln. Zum erfrischenden Auftakt reichen Felix Schneider und sein Team etwa ein Blatt Spinat mit ein paar Tropfen Wacholderschmand, abgestimmt mit Leinsamen, rohem Rhabarber und am frühen Morgen selbst gesammelten Kräutern. 

Als Zwischengang folgt eine auf das aromatische Maximum verdichtete Miniatur von grünem Spargel in reduziertem, mit Saiblingsfond aromatisiertem und Wallerschmalz gebundenem Tomatenfond. 

Unvergesslicher Signature-Dish ist die "Schlachtschüssel" mit Spänen von gesalzener, geräucherter und ein Jahr getrockneter Schweineleber auf gekochter Kartoffel und einer "Beurre Blanc" aus fermentiertem und mit kalter Butter gebundenem Rotkohlsaft. 

Über ein Jahr reift die Schweineleber, bevor sie für die Schlachtschüssel fein gehobelt wird

Das Team hinter dem Etz

Das Essen macht Freude, weil man jeden Gang sofort versteht und schmeckt, dass die Küche Spaß an ihrer Arbeit hat. Im etz scheint Felix Schneider seinem Traum von zeitgemäßer Regionalküche zu verwirklichen, das Team ist eingespielt und jeder Handgriff sitzt. Falls nicht, wird im Hinterhof daran gearbeitet: Hier steht die 200 Quadratmeter große Versuchsküche mit Kühlhäusern und Reifekammern, Fässern zum Fermentieren und Räuchern sowie jeder Menge Platz zum Experimentieren mit Miso, Koji und Co. Eins ist sicher: Stillstand wird es im Etz nicht geben.

Der Sommer auf dem Teller im etz in Nürnberg

Steckbrief Felix Schneider

Name: Felix Schneider

Alter: geboren 1985 in Nürnberg 

Stationen: ab 2005 Ausbildung zum Koch und Demichef de Partie im Hotel Burg Wernberg in Wernberg-Köblitz, anschließend Aumer’s La Vie in Nürnberg, 2015-2021 Sosein in Heroldsberg, seit 2021 Etz in Nürnberg (von DER FEINSCHMECKER mit 4F bewertet)

Hobbies & Privatleben: Rennrad fahren, den Gemüsegarten pflegen, im Wald sein und sich mit essbaren Pflanzen auseinandersetzen. Felix Schneider lebt mit seiner Freundin zusammen, einer studierten Biologin, die ihm auch mal bei kniffligen Fragen der Botanik weiterhelfen kann.

Restaurant: Die 30 Plätze im Etz erstrecken sich entlang an einer großen, offenen Küche, die von einem monumentalen grünen Marmortresen geprägt ist. Die Küche lebt von regionalen Lieferanten, arbeitet nachhaltig und mit Zutaten, die in den Wäldern rings um Nürnberg wachsen. 

Etz 
Wiesentalstraße 40, 90419 Nürnberg
+49 911 47712809
www.etzrestaurant.de
Geöffnet Do-Sa von 18:15-23:30 Uhr

etz
N R Q V

Konzept: Konsequente Regionalküche (ein Menü) nach nordischem Vorbild auf fränkische Art, zelebriert im postindustriellen Rahmen einer ehemaligen Metallwarenfabrik.
Küche: Bei Felix Schneider kommt nur auf den Tisch, was in Franken gewachsen ist. Alles ist hausgemacht, vom (schon legendären) Sauerteigbrot über Mangalitza-Schinken bis zur eigenen Sojasauce. Beste Kontakte zu heimischen Erzeugern sind das Fundament, auf dem der 38-Jährige siebenmal im Jahr ein mikrosaisonales Menü schreibt. Im Sommer gibt’s gegrillten Schweinebauch mit Erbsenmiso, Zuckerrübe und höllischem Rocoto-Chili oder gratinierten Sellerie mit Tagetes-Salsa-verde und Cassis-Reduktion; winterliches Signature Dish ist die „Schlachtschüssel“, die natürlich keine ist, sondern perfekt à point gegarte Kartoffel mit Blaukraut-Beurre-blanc und fein gehobelter Wollschweinleber.
Wein: Engagiert kuratierte Karte von naturnahem Anbau bis Orange; spannende nicht alkoholische Begleitung.
Atmosphäre: Unverputzter Backstein, Messing und eine offene Küche: Gäste sind hier ganz nah am Kochprozess dran – auch weil die Köche vieles selbst servieren.
Fazit: Weit weg vom Mainstream – eine kulinarische Bildungsreise der lockeren Art.

Wiesentalstraße 40, 90419 Nürnberg
+49 (0) 911 47712809
www.etzrestaurant.de
Do-Sa 18-23 Uhr
Menüs ab € 235

Persönliche Tipps von Felix Schneider

Essigbrätlein
St. Sebald, Weinmarkt 3, 90403 Nürnberg, Tel. 0911- 22 51 31
www.essigbraetlein.de
So, Mo, Di geschlossen, Menü ab 165 Euro (Abendkarte)
"Für mich machen die eine der spannendsten Gemüseküchen in Europa."

Kuhlemann
Freyung 31, 92660 Neustadt an der Waldnaab Tel. 09602-94 18 72
www.restaurant-kuhlemann.de
nur Abendessen, So, Mo, Di geschlossen, Menü ab 75 Euro
"Adrian Kuhlemann revolutioniert mit großem Innovationsgeist die Wirtshauskultur auf dem Land."

Mrs. Robinson's
Prenzlauer Berg, Pappelallee 29, 10437 Berlin, Tel. 030-54 62 28 39 www.mrsrobinsons.de
nur Abendessen, So, Mo, Di geschlossen, Menü ab 50 Euro
"Das ist für mich der Inbegriff von spannender, aber unkomplizierter Küche, die sehr produktorientiert arbeitet."

DIe FEINSCHMECKER-Bewertungskriterien

In jeder Hinsicht perfekt
Küche und Service herausragend, Ambiente und Komfort außergewöhnlich
Exzellente Küche, sehr guter Service, Komfort und Ambiente bemerkenswert
Sehr gute Küche, guter Service, angenehmes Ambiente, komfortabel
Gute Küche, ansprechendes Ambiente
Solide Küche, sympathisches Lokal
Bewertung ausgesetzt
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