Felix Schneider: Kulinarische Achtsamkeit

Steckbrief Felix Schneider
Name: Felix Schneider
Alter: geboren 1985 in Nürnberg
Stationen: ab 2005 Ausbildung zum Koch und Demichef de Partie im Hotel Burg Wernberg in Wernberg-Köblitz, anschließend Aumer’s La Vie in Nürnberg, 2015-2021 Sosein in Heroldsberg, seit 2021 Etz in Nürnberg (von DER FEINSCHMECKER mit 4F bewertet)
Hobbies & Privatleben: Rennrad fahren, den Gemüsegarten pflegen, im Wald sein und sich mit essbaren Pflanzen auseinandersetzen. Felix Schneider lebt mit seiner Freundin zusammen, einer studierten Biologin, die ihm auch mal bei kniffligen Fragen der Botanik weiterhelfen kann.
Restaurant: Die 30 Plätze im Etz erstrecken sich entlang an einer großen, offenen Küche, die von einem monumentalen grünen Marmortresen geprägt ist. Die Küche lebt von regionalen Lieferanten, arbeitet nachhaltig und mit Zutaten, die in den Wäldern rings um Nürnberg wachsen.
Etz
Wiesentalstraße 40, 90419 Nürnberg
+49 911 47712809
www.etzrestaurant.de
Geöffnet Do-Sa von 18:15-23:30 Uhr
Was macht den Koch Felix Schneider aus?
Er wusste schon früh, dass er Koch werden will. Nach dem Abitur absolvierte er seine Lehre im Aumer’s La Vie in Nürnberg, merkte aber schnell, dass ihn der klassische Küchenbetrieb zu sehr einengte. Gemeinsam mit Jens Brockerhof von der Cateringfirma El Paradiso und der Designagentur Toc. wurde 2015 das Konzept für das Sosein entwickelt, um Felix Schneider freie Hand zu geben. Im Sosein wurde immer nur das gekocht, was die Saison hergab, nebenher Teige angesetzt, Gärten gepflegt und in den riesigen Waldgebieten rund um Heroldsberg Zutaten gesammelt.
2021, nach der Schließung des Sosein, wagte Felix Schneider mit dem Etz einen Neustart, ohne seiner Philosophie untreu zu werden. Im Gegenteil: Zusammen mit seinem Team setzt der Sternekoch sein starkes Konzept seither noch konsequenter und kompromissloser um. Im Etz, was aus dem Fränkischen übersetzt "Jetzt" bedeutet, wird kulinarische Achtsamkeit gelebt. Jeden einzelnen Augenblick.
Felix Schneider: kompromisslos nachhaltig

"Es gab einen Moment, da hatte ich ein Rinderfilet vor mir, das von einem Tier aus einer der größten Farmen der Welt kam, und ich fragte mich: warum?", erinnert sich Felix Schneider. Ein Gedanke, der ihn dazu brachte, Abläufe und Produkte infrage zu stellen und sich dem zu widmen, was aus der Region kommt: bestes Rindfleisch, Schweinefleisch in Topqualität und Gemüse in allen Variationen.
Konsequent verfolgt er seine Idee, durch Kochen Veränderung zu schaffen, und arbeitet dazu eng mit Bauern und Jägern zusammen. Gemüse baut er im eigenen Garten an und sammelt Zutaten in der Natur. So leistet er einen Beitrag zu einem ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln und zeigt, wie viel Genuss in Nachhaltigkeit steckt.
Steht ein Wildkräutersalat auf der Karte, dann, erklärt Felix Schneider, "wird dieser nicht beim Großhändler bestellt, sondern von uns im Wald gesammelt." Um zu verdeutlichen, dass es kein gemütlicher Spaziergang ist, geht Schneider auf allen Vieren. "Man muss ganz dicht am Boden sein, um die Kräuter zu erkennen und schnell einsammeln zu können." Mit flinken Handbewegungen zupft er imaginäre Kräuter und lacht dabei. "Ein Kilo Wildkräuter – das kann dauern."
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Was steht bei Felix Schneider im Etz auf der Speisekarte?
Wie schon im Sosein setzt Felix Schneider im Etz beständig auf Experimentierfreude und hausgemachte Produkte. Essige, Schinken und Butter werden selbst gemacht. Das Brot natürlich auch: Ein paar Stunden zuvor gebacken, kommt es frisch auf den Tisch.
Jeder Gang im Etz ist technisch tadellos zubereitet, vielschichtig und jahreszeitlich justiert. Zum erfrischenden Auftakt reichen Felix Schneider und sein Team etwa ein Blatt Spinat mit ein paar Tropfen Wacholderschmand, abgestimmt mit Leinsamen, rohem Rhabarber und am frühen Morgen selbst gesammelten Kräutern.
Als Zwischengang folgt eine auf das aromatische Maximum verdichtete Miniatur von grünem Spargel in reduziertem, mit Saiblingsfond aromatisiertem und Wallerschmalz gebundenem Tomatenfond.
Unvergesslicher Signature-Dish ist die "Schlachtschüssel" mit Spänen von gesalzener, geräucherter und ein Jahr getrockneter Schweineleber auf gekochter Kartoffel und einer "Beurre Blanc" aus fermentiertem und mit kalter Butter gebundenem Rotkohlsaft.
Das Team hinter dem Etz
Das Essen macht Freude, weil man jeden Gang sofort versteht und schmeckt, dass die Küche Spaß an ihrer Arbeit hat. Gemeinsam mit Thomas Prosiegel und Stefan Frank steht Felix Schneider wie bereits im Sosein gemeinsam in der Küche. Die drei kennen sich schon lange, jeder weiß, was zu tun ist, und wenn gespült werden muss, ist sich keiner dafür zu schade. Hier herrschen moderne Hierarchien – also keine.
Im Etz scheint das Trio endlich angekommen, jeder Handgriff sitzt. Und wenn nicht, wird im Hinterhof daran gearbeitet: Hier steht die 200 Quadratmeter große Versuchsküche mit Kühlhäusern und Reifekammern, Fässern zum Fermentieren und Räuchern sowie jeder Menge Platz zum Experimentieren mit Miso, Koji und Co.. Im Hier und Jetzt zubereiten und genießen, das ja, aber Stillstand wird es im Etz definitiv nicht geben, so viel steht fest.
Persönliche Tipps von Felix Schneider
Essigbrätlein
St. Sebald, Weinmarkt 3, 90403 Nürnberg, Tel. 0911- 22 51 31
www.essigbraetlein.de
So, Mo, Di geschlossen, Menü ab 165 Euro (Abendkarte)
"Für mich machen die eine der spannendsten Gemüseküchen in Europa."
Kuhlemann
Freyung 31, 92660 Neustadt an der Waldnaab Tel. 09602-94 18 72
www.restaurant-kuhlemann.de
nur Abendessen, So, Mo, Di geschlossen, Menü ab 75 Euro
"Adrian Kuhlemann revolutioniert mit großem Innovationsgeist die Wirtshauskultur auf dem Land."
Mrs. Robinson's
Prenzlauer Berg, Pappelallee 29, 10437 Berlin, Tel. 030-54 62 28 39 www.mrsrobinsons.de
nur Abendessen, So, Mo, Di geschlossen, Menü ab 50 Euro
"Das ist für mich der Inbegriff von spannender, aber unkomplizierter Küche, die sehr produktorientiert arbeitet."
Zu Gast bei Felix Schneider
Konzept: Casual Fine Dining der etwas anderen Art. Ein Menü, 12-16 Gänge, € 210.
Küche: Die Beschreibung produktfokussierte „Laborküche“ kommt Felix Schneiders Kulinarik vielleicht am nächsten. Der Küchenchef lotet und entschlüsselt die in der Umgebung und im eigenen Garten angebauten, groß gezogenen, gesammelten und gerne marinierten, fermentierten oder getrockneten Zutaten bis ins kleinste Detail aus. Was als Ergebnis auf Teller und Tisch kommt, sind technisch tadellos zubereitete, vielschichtige und jahreszeitlich justierte kulinarische Kunststücke. Zum erfrischenden Auftakt etwa ein Blatt Spinat mit ein paar Tropfen Wacholderschmand, abgestimmt mit Leinsamen, rohem Rhabarber und am frühen Morgen selbst gesammelten Kräutern. Als Zwischengang eine auf das aromatische Maximum verdichtete Miniatur von grünem Spargel in reduziertem, mit Saiblingsfond aromatisiertem und Wallerschmalz gebundenem Tomatenfond. Unvergesslicher Signature-Dish: „Schlachtschüssel“ der außergewöhnlichen Art mit Spänen von gesalzener, geräucherter und ein Jahr getrockneter Schweineleber auf gekochter Kartoffel und einer „Beurre-Blanc“ aus fermentiertem und mit kalter Butter gebundenem Rotkohlsaft.
Wein: Deutlich gewachsener, klug diversifizierter Keller mit Franken, Deutschland, Frankreich und Italien im Zentrum. Spontan vergorene wie auf der Feinhefe ausgebaute Gewächse und Naturweine.
Atmosphäre: „Etz“ („jetzt“ im lokalen Idiom) ist man auch räumlich angekommen: Nach dem Zwischenspiel in der Bindergasse begeistert Felix Schneider in einer bemerkenswerten Location mit Naturmaterialien, Messing-Pass im Zentrum, Frontcooking und offenem Blick in den Weinkeller.
Fazit: „Etz“ ist anders und Ausgangspunkt aufregender kulinarischer Bildungsreisen.