Trendcheck: Nachhaltiger Wein, nachhaltiges Bier
Mit Algen klimaneutral werden
Die Zukunft leuchtet grün – jedenfalls beim Bierbrauen. Bei der Craftbrauerei Young Henrys in Sydney wabert neben Sudkessel und Edelstahltanks in großen Glasbehältern hellgrüne Flüssigkeit – ein Bioreaktor mit Mikroalgenkulturen. „Ja, das sieht unwirklich aus“, sagt Oscar McMahon, einer der Brauereichefs, „aber das machen wir nicht aus Liebe zu Science-Fiction, sondern, um was Handfestes fürs Klima zu tun. Die Algen nehmen unser Kohlendioxid aus der Produktion auf und wandeln es in Sauerstoff um. So werden wir klimaneutral!“
Wind, Sonne und Wald für eine gute Bilanz
Bierbrauer überall auf der Welt machen sich intensiv Gedanken über ihren Ausstoß an Kohlendioxid – und das aus gutem Grund: Eine durchschnittlich große Brauerei erzeugt bei der Produktionsmenge von 20 Millionen Liter Bier 200.000 Tonnen Kohlendioxid durch die Gär- und Brauprozesse. Fürs Mälzen des Getreides wird Wärme benötigt, Strom fürs Abfüllen und später dann Benzin oder Diesel fürs Ausfahren der Bierpaletten. Brauereien, die sich schon länger für ökologisches Wirtschaften stark machten, entwickeln jetzt kreative Maßnahmen, diesen Kohlendioxid-Ausstoß zu vermeiden und nachhaltiges Bier zu produzieren.
Ein Wirtshaus aus recycelten Schiffscontainern
Auch BRLO in Berlin arbeitet an der Klimaneutralität, die Craftbrauer haben sich dafür mit dem Start-up Planetly zusammengetan, deren Wissenschaftler alle Produktionsprozesse und den anfallenden Energieverbrauch prüfen, und zwar nach dem internationalen Greenhouse Gas Protocol (GHG). BRLO hat sein Wirtshaus „Brwhouse“ aus recycelten Schiffscontainern gebaut, nutzt Ökostrom und will die Fahrzeugflotte auf Elektrostrom umrüsten.
Nachhaltiges Bier durch Vermeiden und Verringern
Doppelt nutzen
Nachhaltiger Wein in Mehrwegflaschen
Auch in der Weinbranche ist längst klar, dass klimafreundliche, ressourcenschonende Produktionsprozesse nicht nur der Umwelt, sondern auch den Weingütern selbst zugutekommen. Die Wissenschaftlerin Helena Ponstein beschäftigt sich seit 13 Jahren mit der Klimabilanz von Wein. Sie weiß genau, an welchen Stellen des Herstellungsprozesses die meisten Emissionen anfallen und kann jeden Schritt beziffern.
Für jeden Liter Wein, der in Deutschland produziert wird, fällt rund ein Kilo CO2 an – doppelt so viel wie beim Bier. Das liegt vor allem an einem großen Vorteil der Bierbranche, dem funktionierenden Pfandsystem. Knapp die Hälfte der Treibhausgasemissionen durch die Produktion von Wein geht auf die Flasche zurück: „Einwegglas ist sehr energieintensiv“, sagt Ponstein.
Das erste klimaneutrale Weingut Deutschlands
Ein Winzer, der solch ein System deshalb selbst aufgebaut hat, ist Andreas Hormuth aus der Pfalz. Er leitet das erste klimaneutrale Weingut Deutschlands. Seit über zwanzig Jahren setzt er auf regenerativen Strom für seinen Betrieb, vor gut zehn Jahren ließ er seine gesamte Produktionskette in Bezug auf CO2-Belastung untersuchen.
Jährliche Prüfung für eine bessere Energiebilanz
Viele kleine Maßnahme für nachhaltigen Wein
Das Staatsweingut Meersburg ist eines der größten Weingüter am Bodensee. Seit über 20 Jahren ist Jürgen Dietrich hier der Weingutsdirektor und leitet den Betrieb mit über 800-jähriger Geschichte. „In einem solch historischen Weingut macht man sich automatisch Gedanken über die Zukunft und Nachhaltigkeit des Schaffens“, sagt er. Er hat deshalb bereits 2011 begonnen, alle Produktionsschritte des Staatsbetriebs hinsichtlich der CO2-Belastung zu untersuchen – um sie fortlaufend zu verbessern. „Es sind viele kleine, teils unscheinbare Maßnahmen, die das Weingut zu einem nachhaltigen Weingut machen“, sagt Dietrich. So wie die neuen Fenster oder ein alternativer Energiemix. Als Nächstes wird das Staatsweingut eine Ölheizung durch eine Anlage ersetzen, in der das Team alte Rebhölzer verbrennen und damit heizen kann. Unspektakulär, aber wirksam und klimafreundlich.