Reiche Ernte
Jörg Geiger ist Deutschlands erfolgreichster Obstbauer. In seiner Manufaktur verarbeitet er sein Streuobst zu Destillaten, Schaumweinen und alkoholfreien Sekten, die beinahe so begehrt sind wie Champagner
Das Synonym für exzellente Weine und Sekte
Obstbauern gibt es viele in Deutschland. Aber nur einen Jörg Geiger. Der gelernte Koch und Hotelbetriebswirt hat es geschafft, seinen Namen zum Synonym für exzellente Weine und Sekte aus Obst zu etablieren – in der Gastronomie wie im Feinkosthandel. Wer in Top-Restaurants wie etwa dem „Gästehaus Klaus Erfort“ in Saarbrücken oder dem „Vendôme“ im Schloss Bensberg in Bergisch Gladbach Lust auf eine alkoholfreie Alternative zum Champagner hat, bestellt gern einen von Geigers „Prisecco“-Fruchtsekten ohne Promille. Keiner holt zurzeit so viel aus Wiesenobst heraus wie Geiger.
Durch Rechtsstreit zum Erfolg
1993 hat Geiger, 52, das Gasthaus seiner Eltern in Schlat geerbt, einem Dorf 15 Autominuten südlich von Göppingen bei Stuttgart. Dazu gehörte eine kleine Destillerie für Obstbrände und 18 Hektar Obstwiesen mit seltenen, fast schon ausgestorbenen Obstsorten wie Nägelesbirne, Bohnapfel und Stuttgarter Geishirtle. Stark wurzelnde, hochstämmige Bäume, die anderswo, etwa im Alten Land bei Hamburg, längst wegrationalisiert wurden. Geiger entdeckt, dass zum Beispiel die Champagner Bratbirne tatsächlich einen köstlichen Schaumwein hergibt. So liest er es auch in Büchern aus dem 18. Jahrhundert. Der in der Flasche vergorene Champagner-Bartbirnen-Sekt wird ein Riesenerfolg, trotz oder gerade wegen eines Rechtsstreites mit dem Champagnerverband in Frankreich, der in einem akzeptablen Vergleich endete.
„Prisecco“
Auch der nächste Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. „2003 habe ich angefangen, alkoholfrei neu zu denken“, sagt Geiger. Als der Jahresertrag der Champagner-Bratbirne einmal durch Krankheit wegbrach, begann er, mit der knackigen Säure und den herben Gerbstoffen anderer Obstsorten zu experimentieren und den ersten „Prisecco“ zu mischen: ein wie Sekt prickelndes Getränk auf Obstbasis, alkoholfrei, trocken, vielschichtig. Inzwischen hat er Dutzende weitere Varianten entwickelt, die „Priseccos“ sind sein wichtigstes Geschäftsfeld geworden. Wie ein Parfumeur kombiniert er für sie sortenreine Säfte und verfeinert sie „wie ein Koch die Sauce“: 200 Gewürze, 70 Kräuter und 20 Blüten hat er dafür ausgewählt. Auch wenn eine Rezeptur steht, lässt sie sich nicht einfach wiederverwenden. Deswegen wird jede Charge im Team verkostet und abgeschmeckt, egal, ob es um 1000 oder 22 000 Liter geht.