Alkoholfreie Weine von echten Top-Weingütern

Alkoholfreie Weine: Ein schwerer Anfang
Eigentlich war es nur eine Frage des Norwegers Odd Ivar Solvold. Wie viele andere skandinavische Spitzenköche war auch er Fan deutscher Rieslinge, vor allem, wenn es um die perfekte Begleitung seiner filigranen, nordischen Küche ging. In Norwegen nehmen viele Gäste bisweilen weite Wege auf sich, auch Solvolds Restaurant lag im abgelegenen Sandefjord, eine Autostunde südlich von Oslo. So fragte der Koch bei seinem Rheingauer Lieblingswinzer nach einem hochwertigen Getränk für alle Autofahrer. Er wollte den besten Traubensaft der Welt.
„Da entgegnete ich: Im Saft ist so viel unvergorener Zucker drin. Das macht jedes Menü platt“, erzählt Johannes Leitz von dem Gespräch. Leitz leitet das gleichnamige Weingut im Rheingau – ein VDP-Betrieb, der für seine Spitzenrieslinge aus Lagen wie Berg Rottland, Rosengarten oder dem Rüdesheimer Drachenstein bekannt ist. Leitz’ Stil ist konsequent trocken. Ins süße Saftgeschäft einzusteigen war für ihn undenkbar.

Alkoholfreie Weine: 4 Grad, die den Unterschied machen
Und dennoch ließ ihn die Anfrage nicht los. Er überlegte, ob er aus den gleichen Rieslingtrauben, die Grundlage für seine Weine sind, nicht auch etwas anderes herstellen könnte. Weder Wein noch Saft, dennoch alkoholfrei und wie die Weine unverwechselbar.
Ein Glücksfall, dass nur wenige Kilometer von seinem Weingut entfernt, die modernste Destilliermaschine der Welt stand. In Rüdesheim war damals eine Anlage in Betrieb genommen worden, die es schaffte, dass Alkohol im Vakuum bereits bei 28 Grad verdampfte – und nicht, wie bis dahin üblich bei 32 Grad. Denn um die Prozente aus dem Wein zu holen, muss dieser bei Wärme und gleichzeitigem Vakuum destilliert werden. Je geringer die Temperatur, desto mehr bleibt vom Weingeschmack erhalten. Also probierte Leitz es aus und brachte einen seiner Rieslinge nach Rüdesheim.
Klarer Stil bei Null Prozent

Mut zur Lücke
Alkoholfreie Weine als Aperitif
"Wir brauchen alkoholfrei, aber in guter Qualität"
Desiree Schröder leitet den Vertrieb im Mosel-Gut Dr. Loosen. Seit über 200 Jahren steht der Betrieb für terroirgeprägte Mosel-Rieslinge aus Lagen wie Erdener Prälat oder Ürziger Würzgarten. Das exportstarke Weingut hat bereits frühzeitig eine Veränderung der Nachfrage erkannt. „Da wächst eine Generation heran, die zwar weiterhin gerne Wein trinkt, aber die viel stärker darauf achtet, was genau drin steckt und wie viel ihnen guttut“, sagt Schröder.
Auch Dr. Loosen bietet mittlerweile je einen Null-Prozent-Wein und -Sekt mit den Trauben aus den eigenen Weinbergen an: So ist der „Dr. Lo“-Riesling von einer gelbfruchtigen Aromatik geprägt, die ganz ohne Süße daherkommt. „Es war nicht der deutsche, sondern der internationale Markt, der den Anschub dafür gab. Es wurde immer lauter gefordert: Wir brauchen alkoholfrei, aber in guter Qualität“, sagt Schröder.

Mut zahlt sich aus: Alkoholfreie Weine werden zu Erfolgsprodukten
Dass Top-Weingüter wie Leitz und Loosen mit ihren eigenen Trauben auf alkoholfreie Produkte setzen, bringt das Segment auch insgesamt voran. „Es ist eigentlich einleuchtend: Je besser der Grundwein, desto besser das alkoholfreie Endprodukt“, sagt Leitz. Er traut sich mittlerweile sogar, seine Ortsweine zu destillieren. Und sein Mut zahlt sich aus: Mittlerweile steht sein „Eins, Zwei, Zero“ in 300 Geschäften in Großbritannien und wurde von der US Bio-Supermarkt-Kette Whole Foods gelistet. Ausgerechnet seine alkoholfreien Weine zählen mittlerweile zu den erfolgreichsten Produkten dieses Spitzenwinzers.
