Geheimtipps in der belgischen Provinz Limburg
Gleich westlich von Aachen tun sich neue Horizonte auf: In der belgischen Provinz Limburg begeistern viele neue Köche ohne großen Rummel mit Raffinesse und Kreativität. Ein echter Geheimtipp jenseits der Mainstream-Ziele!
Die Auswirkungen Souvereyns
Geheimtipp "'T Hemelhuys" in Hasselt
Hasselt, knapp zehn Kilometer östlich, ist Souvereyns Geburtsort. Bekannt ist die Provinzhauptstadt vorrangig für Genever, auch Jenever geschrieben (dazu kommen wir noch). Im „'t Hemelhuys“ wohnt man bei Liesbeth und Ann mitten in der Altstadt, von Antiquitäten umgeben. Fünf Zimmer bietet das winzige Hotel, im Hintergebäude gibt es noch drei kleine Apartments. Alle Räume strahlen erdverbundene Wärme aus – flämische Rustikalität, viel Holz, enge Stiegen, der schöne Kelim im Eingang stammt vom Antiquitätenmarkt in Tongern. Wie Souvereyns lieben die Gastgeberinnen Barockmusik, zu Kaffee und warmer Honigbrioche dringen Takte von Agostino Steffani durch den kleinen Frühstücksraum.
Geheimtipp "Just Eat Right" in Hasselt
Geheimtipp "Stiemerheide" in Genk
Ländlich ist die Gegend jenseits der Stadtgrenze. Das Landhotel „Stiemerheide“ liegt etwas außerhalb von Genk, am Nationalpark Hoge Kempen. Belgisch-gemütlich ist es, also auch ein bisschen bieder, ideal für Tagungen und Familientreffen – gut, dass es nebenan einen Golfplatz gibt. Zwischen Hotel und Green durchbricht ein kastiges Ufo aus Beton und Licht das behäbige Bild. Stiemerheides Gourmetrestaurant „De Kristalijn“ kontert jede Betulichkeitserwartung mit seiner nicht nur architektonisch maximal offen gestalteten Küche. Schon Koen Somers erste Grüße von dort öffnen ein Fenster zur Welt: vegetarisches tataki (ganz kurz angebraten) aus getrockneter Wassermelone mit Schwarzkümmel, dazu ein orientalisches Dreierlei aus Süßkartoffel-Hummus-Espuma, Wildkräuter-LinsenSalat mit Ras el-Hanout und einem Beignet mit HarissaDip.
Naturwein vom Ätna für den Steinbutt
Geheimtipp Limburger Porzellan
Sehr idyllisch ist die Lage des Restaurants „De Kristalijn“ beim Städtchen Genk. Chefkoch Koen Somer holt sich seine Ideen aus aller Welt. Ein Carpaccio von Jakobsmuscheln (u. r.) würzt er mit Nashi-Birne und deren Vinaigrette
Geheimtipp "Slagmolen" in Oudsbergen bei Opglabbeek
Die nächste Etappe führt zu Bert Meewis. Im „Scholteshof“ stand er dreieinhalb Jahre am Herd, seine längste und wichtigste Station vor der Selbstständigkeit. Sein Restaurant „Slagmolen“ bei Opglabbeek erreicht man auf schmalen Wegen zwischen Weiden und Tümpeln, vom Parkplatz schlängelt sich ein Gartenpfad zum Restaurant, vorbei an Stauden und Hortensien. Das Lokal ist wie üblich ausgebucht – mittags unter der Woche.
Meewis ist die bilderbuchhafte Personifikation eines Grand Chefs, mit blitzenden Augen und Körperfülle. Seine Küche richtet er klassisch aus, es duftet nach Krustentier und Butter, hinter dem offenen Pass werden Karotten geputzt und Hummer in dampfende Kessel versenkt. Barocke Fülle, die auf rochenhäutig genopptem Stockmans-Porzellan zu Tisch sinkt und die Sinne kräftig streichelt. Ob Kalbstatar mit Antwerpener Kaviar, Hummersalat in Apfelsirup-Mayonnaise oder Bresse-Huhn als Brust und Keule mit geschmorten Portweinschalotten: Die Hausklassiker sind ergreifend schlicht, elegant und qualitativ kompromisslos. Alles kommt großzügig portioniert und ohne modische Volte auf den Tisch – es ginge wohl anders, aber kaum besser. Wer will, kann diese Gerichte im Wechsel mit jenen von Meewis’ Sohn Giel genießen. Der 26-Jährige ist nach Stationen in Brüssel und bei den Troisgros in Ouches als Souschef nach Hause zurückgekehrt. Seine eigenen Ideen präsentiert er auf den rustikaleren Tellern vom Studio Mattes aus dem nahen Herk-de-Stad.
Ein Paradies für Wanderer und Radfahrer ist der Nationalpark Hoge Kempen. Von Porzellan-Werken des Studios Pieter Stockmans in Genk, zum Beispiel dem weiß-blauen Kaffeeservice „La Mer“, sind nicht nur Köche begeistert.
Rebhuhn sous-vide? In den Ofen mit ihm!
Geheimtipp "Altermezzo" in Tongeren
Geheimtipp Wein aus Tongern
Einen Monat im Voraus sollte man reservieren, wenn man im Restaurant „Slagmolen“ bei Genk Platz nehmen möchte. Was die Stunde in der Stadt Tongern geschlagen hat, zeigt die Uhr der Liebfrauen-Basilika am Grote Markt
Geheimtipp Original Hasseltse Jenever
Nach außen still, im Innersten berührend
Dennoch hat sich der IT-Spezialist Vanderlinden vor drei Jahren mit seiner „Henri“ genannten Kupferbrennblase selbstständig gemacht. Anders als viele Massenproduzenten legt er Wert auf regionalen Bezug: „90 Prozent der Zutaten kommen aus einem Umkreis von 20 Kilometern“, erklärt er stolz. Seine Spezialität sind moutwijnen, im Holzfass gelagerte Malzbrände, die ursprünglichste Form des Jenevers. Eine Wand steht voll dieser Fässchen. „Josephine“, „Aleidis“, „Albertina“ – Vanderlinden hat ihnen die Namen ehemaliger Äbtissinnen des Klosters Herkenrode gegeben. Heute bezieht die Brennerei ihr Getreide von dort, wo schon Roger Souvereyns Ziegenkäse und Zicklein für den benachbarten „Scholteshof“ holte. Den abschließenden Drohnenblick auf dessen Wintergartentrümmer sparen wir uns, wohl wissend, dass Souvereyns’ flämisches Anwesen Vergangenheit ist. Mitstreiter und Nachfolger bleiben, um seine Geschichte fortzuschreiben – nicht als Porträt eines einzelnen Gastgebers, sondern als das einer nach außen stillen, im Innersten berührenden Region.