Eckart Witzigmann im Interview

DER FEINSCHMECKER: Herr Witzigmann, erinnern Sie sich gern an Ihre kulinarische Kindheit?
Eckart Witzigmann: Oh ja! Meine Mutti war eine gute Köchin, sie konnte aus den einfachsten Zutaten etwas Besonderes zaubern. Zum Beispiel Spiegelei mit Spinat. Dafür würde ich heute noch meilenweit laufen.
Was haben Sie persönlich als Mensch in der Küche von Paul Haeberlin im Elsass, Ihrem ersten Arbeitgeber, gelernt?
Monsieur Paul habe ich geradezu verehrt – wie einen Vater. Tja, was ich von ihm hätte lernen können? Mehr Ruhe, mehr Gelassenheit… Er war eine Seele von Mensch, hat höchstens ein missbilligendes „Hm hm hm“ gemurmelt, wo andere geschimpft hätten. Großzügig war er, hat mir sogar das Heiligtum, den Ordner mit seinen Rezepten, mit aufs Zimmer gegeben. Obwohl er sich denken konnte, dass ich mir daraus vieles abschreiben würde. Damals haben die großen Chefs ihre Rezepte nämlich noch streng geheim gehalten, das war ja lange vor dem Internet.
Sie sagten später mal: „Die Franzosen kochen auch nicht besser als wir, die haben bloß die besseren Gäste.“
Und so war es ja auch!
Sie hätten es im „Tantris“ auch noch zum dritten Michelin-Stern gebracht, verließen es aber 1978 trotzdem, um sich lieber am Maximiliansplatz 5 mit der „Aubergine“ selbstständig zu machen.
Das „Tantris“ hatte 120 Plätze, mittags und vor allem abends immer sehr gut besucht. In der „Aubergine“ hatte ich nur 45 Plätze. Das hat mir mehr Spielraum gelassen, mich weiter auf Neues zu konzentrieren, meinen persönlichen Stil zu schärfen.
Und die wirtschaftliche Verantwortung?
Da kann ich nur sagen: Wem als selbstständiger Gastronom eine wirtschaftlich erfolgreiche Spitzenküche gelingt, dem gelingt ein Wunder: die Quadratur des Kreises.
Heute wird in Ihrem Metier vielerorts auf den guten Ton geachtet. Welche Beschimpfung galt zu Ihrer Zeit noch als lässliche Sünde?
„Bist deppert oder was?!“