Corona-Update: das Drama der 2. Welle

Corona-Update: das Drama der 2. Welle

Die zweite Corona-Welle traf die Gastronomie doppelt hart. Was das jetzt für die Restaurants bedeutet, und wie sie sich für den Winter wappnen, berichten drei Spitzenköche und Gastronomen aus Bayern, Berlin und NRW
Datum11.11.2020

Alexander Huber

Präsident der Jeunes Restaurateurs Deutschland und Inhaber „Huberwirt“, Pleiskirchen

„Jeder hofft aufs nächste Jahr“

Für uns Gastronomen sind die Auswirkungen der Krise enorm. Auch wenn es bei manchen Restaurants, vor allem auf dem Land, richtig gut läuft, ist der Großteil sehr stark von Umsatzeinbußen betroffen. Es ist ja nicht nur der Tag X, an dem es einen positiven Befund im Team gibt, vor dem jeder Angst hat. Wie sieht es aus mit Förderung und Mehrwertsteuersenkung? Werden die Fördermaßnahmen reduziert, oder werden sie verlängert? Was ist mit Hochzeiten und Weihnachtsfeiern im nächsten Jahr? Das sind maßgebliche Umsatzbringer, die uns möglicherweise fehlen werden. Momentan ist alles in der Schwebe, was für uns alle sehr bedrückend ist. Aber wir wollen nicht jammern. Unsere treuen Gäste haben uns im Lockdown so stark unterstützt, ohne sie wären viele Betriebe pleitegegangen. Man kann nur hoffen, dass das so weitergeht. Ziel muss aber sein, die Infektionsrate zu minimieren, was nur mit einem einheitlichen Hygienekonzept klappt. Leider kann jeder Landkreis, jede Kommune eigene Regeln machen. Aber selbst, wenn es ein einheitliches Konzept gibt: Es funktioniert nur, wenn sich alle daran halten. Von vielen Kollegen habe ich gehört, dass es immer wieder Gäste gibt, die ohne Maske ins Restaurant kommen. Und wenn man dann statt einer Begrüßung erst mal auf die fehlende Maske hinweisen muss, herrscht schon eine Grundspannung. Das ist weder für uns noch für unsere Gäste schön. Deswegen: Bitte halten Sie sich an die Regeln. Wir tun es ja auch.

Sascha Stemberg

Inhaber und Küchenchef im „Haus Stemberg“, Velbert

„NIEMAND WEISS, OB ES EINEN NOCH MAL TRIFFT“

Ich habe Corona immer ernst genommen und unser Team und Restaurant darauf vorbereitet. Vor dem ersten Lockdown haben wir schon Take-away-Konzepte entwickelt, weil absehbar war, dass es drastische Veränderungen geben wird. Bis vor Kurzem habe ich nur von Kollegen gehört, die jemand kennen, der mal Corona hatte. Und dann trifft es einen plötzlich selbst. Unser Restaurant lief gerade wieder gut, als der Anruf von meinem Mitarbeiter kam. Da bekommt man natürlich erst mal Panik, denn für solche Fälle gibt es keine Blaupause. Also habe ich sofort alle Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt und testen lassen. Da hatte ich nur noch 30 Prozent meines Teams, mit denen ich das Restaurant nicht betreiben konnte. Also waren wir zwei Wochen dicht. Ich habe persönlich alle Gäste angerufen und mit den meisten neue Termine gefunden. Jetzt sind wir bis Weihnachten ausgebucht, aber niemand weiß, ob es einen noch mal trifft. Wir sind ein kleiner Betrieb, hatten erst zehn, dann erneut zwei Wochen geschlossen. Wenn das noch zwei, drei Mal passiert, sieht es schlecht aus: Wir haben schon zwölf Plätze weniger, und jetzt kommt der Winter. Da sagen Gäste kurzfristig ab, wenn sie Halskratzen haben – ist ja auch richtig, stellt uns aber vor neue Herausforderungen. Wir führen inzwischen Wartelisten, versuchen so, die fehlenden Gäste auszugleichen. Wenn ich morgens lese, wer schließen musste oder einen Corona-Fall hatte, weiß ich, was das heißt, und hoffe, dass wir in Zukunft verschont bleiben. Aber das Wichtigste: Ich habe keinem meiner Mitarbeiter kündigen müssen.

„Das ist alles nicht zu Ende gedacht!“

Tim Raue

Küchenchef und Gastronom in Berlin

So langsam ging es bergauf: Es kamen wieder nationale und internationale Gäste, wir waren bei fast 100-prozentiger Auslastung, wenn auch mit reduzierter Sitzplatzanzahl. Das ist jetzt wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen. Die Einteilung in Berliner Risikogebiete hat eine enorme Hysterie ausgelöst, die eine brutale Stornierungswelle nach sich zog. Diese Regelung ist lächerlich. Man lebt in dem einen Bezirk und arbeitet in dem anderen. Was ist die Konsequenz? Es muss einheitliche Maßnahmen geben, die regelmäßig kontrolliert werden. Denn wenn es sich so weiterentwickelt wie jetzt, ist die Situation schlimmer als im Lockdown, das Restaurant ist offen, aber Gäste bleiben aus. Dann bleibt einem gar nichts anderes übrig, als das Unternehmen zu schließen, um die Fixkosten zu decken, und Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Dazu kommt, dass keiner weiß, wie es weitergeht. Was wird das nächste Risikogebiet, welches Bundesland verbietet den anderen eine Beherbergung oder die Einreise? Das führt zum Stillstand des Geschäftslebens, dann sind Insolvenzen unausweichlich. Ich habe alle vorherigen Maßnahmen verstanden, alles mitgemacht und für wichtig gehalten, doch so langsam reicht es. Hier in Berlin werden drastische Maßnahmen ergriffen, die allerdings nicht konsequent kontrolliert werden. Dazu kommt noch die Sperrstunde, die fürs Partyvolk relevant ist, aber Restaurants, die mit doppelter Belegung arbeiten, um zu überleben, wieder vor Probleme stellt. Das ist alles nicht zu Ende gedacht. Ich würde mir wünschen, dass diejenigen bestraft werden, die sich nicht an die Regeln halten. Hier muss der Bund sich durchsetzen, sonst werden viele in Berlin aufgeben.

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