Der FEINSCHMECKER Riesling Cup 2022
Der Riesling ist der markanteste und wichtigste aller deutschen Weine. Diese Rebsorte bildet besonders prägnant Herkunft und Charakter ab. Die besten Winzer:innen bringen mit Riesling Weinkenner:innen auf der ganzen Welt zum Schwärmen. Mal mit kraftvollem Körper, mal mit feinen Fruchtnoten oder eleganter Balance von Süße und Säure – dieser Wein ist nie langweilig.
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Mit dem „Deutschen Riesling Cup“ würdigt DER FEINSCHMECKER bereits seit 2008 diese deutsche Rebsorte – und die facettenreichen Weine von Weltklasse. So auch in diesem Jahr, in dem sich die Frage stellte: Wer hat den besten trockenen Riesling in Deutschland des Jahrgangs 2021 gemacht?
Das sind die Sieger des Riesling Cups 2022
Große Überraschung bei der Auszählung der Punkte: völliger Gleichstand an der Spitze, bis auf die letzten Dezimalzahlen! Und so geht der Glückwunsch an zwei erste Plätze: das Moselaner Weingut Carl Loewen sowie Philipp Kuhn aus der Pfalz! Beide hatten zum Deutschen Riesling Cup trockene Lagenweine eingeschickt. Wie sie waren Hunderte Weingüter dem Aufruf gefolgt und hatten für den Wettbewerb je einen trockenen Riesling des Jahrgangs 2021 aus ihrem Portfolio eingereicht – vom Ortswein bis zum Großen Gewächs.
Wie lief der FEINSCHMECKER Riesling Cup 2022 ab?
In zwei Runden mit mehreren Flights hatte eine Jury aus Weinexpert:innen die Gewächse blind verkostet – bis die 13 Sieger feststanden. Weitere Überraschungen: Punktgleichstand herrschte auch bei Platz neun mit drei Weingütern, und die Riesling-Hochburg Mosel legte mit sechs Platzierungen einen starken Auftritt hin. Offenbar kamen die Winzer der Region mit dem verregneten Sommer gut zurecht und präsentierten Weißweine voller Finessen. „2021 triumphierten die Lagen, die unter den letzten drei warmen Jahrgängen eher gelitten hatten. Die Zuckerreife schritt diesmal langsamer voran und brachte Rieslinge mit Leichtigkeit bei Alkohol und Körper sowie straffer Säure hervor“, bilanzierte Jurorin Caro Maurer. Verkoster Sebastian Russold fügte hinzu: „Der Umgang mit der Säure war wohl der Schlüssel für herausragende Weine. Das Niveau bei diesem Cup war hoch, aber die Spitze setzte sich doch deutlich ab“, resümierte er nach der Finalverkostung im Hamburger Restaurant Witwenball.
Dies war der ideale Ort für das konzentrierte Tasting, schließlich ist das Restaurant von Julia und Axel Bode bekannt für hohe Weinkompetenz, kreative Küche, aber auch schickes Art-déco-Design im Stil der 1920er-Jahre.
Platz 1: 2021 Kirschgarten GG trocken, Philipp Kuhn, Pfalz
Ein Riesling modernen Typs heimst Gold ein: nur dezente Frucht, dafür spannende, vibrierende Noten von Feuerstein und sehr fein gearbeiteten Kräutern. Kantig, erfrischend, salzig mit Zug und Länge am Gaumen! Ein komplexer Charakter, der noch ruhen kann, um sich voll zu entfalten.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Philipp Kuhn mit 4,5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 1: 2021 Ritsch trocken GG, Carl Loewen, Mosel
Gold II für eine Rarität: Aus der ersten Kollektion, die Christopher Loewen verantwortet, stammt der Riesling – von einer kleinen kargen, steilsten Parzelle. Glasklar, facettenreich, feinnervig, mineralisch, zupackend mit Noten von Zitrus und Kumquat.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Carl Loewen mit 3,5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 3: 2021 Johannisberg, alte Reben, trocken, Weingut Trenz, Rheingau
Michael Trenz profitiert von 50 Jahre alten Rieslingreben, die auch Grundstoff für diesen Spitzenwein sind. Er ist pure Trinkfreude: engmaschig, elegant, straff, feine Noten von Kräutern und Zitronengras, dazu Ananas und ein aromatischer Nachhall.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Trenz mit 2F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 4: 2021 Riesling Kieselberg trocken, Weinhof Fischborn-Schenk, Rheinhessen
Überraschungserfolg für das Familienweingut: Auf gesteinsreichem, nährstoffarmem Boden wächst der fein gewebte und konzentrierte Riesling: gelbe Früchte, Zitrusnoten, fröhlich-verspielt mit belebendem Fluss und nachhaltiger Länge!
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Fischborn-Schenk mit 1F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 5: 2021 Graacher Domprobst „Alte Reben", Weingut Max Ferd. Richter, Mosel
Grand-Cru-Lage und selektiv-späte Handlese: So entstand im Familienbetrieb (10. Generation!) der feinfruchtige, raffinierte und tänzerischhochelegante Wein. „Holunderblüte, floral, zugänglich, spritzige Säure!“, notierte Vanessa Lieser anerkennend.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Max Ferd. Richter mit 4F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 6: 2021 Gundersheimer Höllenbrand, Neef-Emmich, Rheinhessen
Hier trumpft ein dichter, kraftvoller Charakter mit viel Frische auf! Rauchige Noten verbinden sich apart mit Limette, die Säure umschmeichelt stützend die Fruchtsü.e. Toller Trinkfluss. Ein Ausrufezeichen von Dirk und Philipp Emmich, präzise, stimmig!
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Neef-Emmich mit 2F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 7: 2021 Herrenberg trocken GG, Maximin Grünhaus, Mosel
Das Große Gewächs aus der Einzellage Herrenberg, gewachsen auf uraltem Devonschiefer-Boden, betört mit Noten von Ananas und Zitronenschale, ist saftig und vollmundig, dabei sehr balanciert. Karl-Josef Krötz’ Prognose: „Wächst mit der Luft und kommt groß raus.“
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Maximin Grünhaus mit 4F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 8: 2021 Königsbacher Ölberg trocken, Von Winning, Pfalz
Aus einer Ersten Lage an der Weinstraße stammt Stefan Attmanns cremiger, erfrischender Wein, der ein perfekter Speisebegleiter ist: zartgelbe Aromen in der Nase, jugendliche Säure, dabei konzentriert; nachhaltige Länge und eine Restsüße, die die Säure toll abfedert.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut von Winning mit 4F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 9: 2021 Enkircher Batterieberg Große Lage, Weingut Immich-Batterieberg, Mosel
Cremig, dabei sehnig mit Noten von Apfelschalen: Der moderne Klassiker stammt aus einer Monopol- Lage mit 60 Jahre alten Reben. Man spürt das Große Holzfass, die Säure ist filigran. Fließt samtig über die Zunge.
Weitere Infos zum Weingut unter: www.batterieberg.com
Platz 9: 2021 Heldenstück Riesling trocken, Schloss Lieser – Thomas Haag, Mosel
Ein Wein, der seinem Namen gerecht wird: von wurzelechten, bis zu über 100 Jahre alten Reben stammt der „Held“, der sich mit Aromen von Zitronat und Lemongrass, rauchiger Note sowie abrundender Säure empfiehlt. „Facettenreich, die Herkunft deutend“, meint Axel Bode.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Schloss Lieser – Thomas Haag mit 5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 9: 2021 Bacharacher Hahn trocken, Toni Jost – Hahnenhof, Mittelrhein
In siebter Generation führt Cecila Jost das Weingut. In der Ersten Lage Bacharacher Hahn wachsen ihre Spitzenrieslinge, wie dieses Prachtexemplar: einladende Aromatik mit zitrischen Noten und nassem Stein. Schmelz, Frische, dazu fein ziseliert am Gaumen.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Toni Jost mit 4,5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 10: 2021 Filzen Pulchen GG, Weingut Piedmont, Mosel
Immer noch ein Hidden Champion, auch wenn das Gut 2019 bereits den Riesling Cup gewann. Abermals überzeugte der Wein mit intensiver Frucht, Eleganz und einem Hauch Phenolik. Der Paradewein aus dem Pulchen (lateinisch: schöner Weinberg) wirkt wie aus einem Guss!
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Piedmont mit 3F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Platz 11: 2021 Juffer-Sonnenuhr Riesling trocken GG, Weingut Fritz Haag, Mosel
„Gnadenlos trocken, mutig“, notierte Caro Maurer. Aus einer der besten Mosel-Lagen mit markantem Schieferboden holt Oliver Haag dieses elegante Gewächs: gelbe Früchte, feste Säure, mineralische Anklänge. „Er braucht noch Zeit“, so Sebastian Russold.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Fritz Haag mit 5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Erleben Sie die Award-Präsentation
Neben der großen Berichterstattung in der FEINSCHMECKER-Ausgabe Februar 2023, die im Handel und im Onlineshop erhältlich ist, gab es in diesem Jahr eine ganz besondere Premiere.
DER FEINSCHMECKER hat den „Riesling Cup“ auf innovative Weise inszeniert und die Siegerweine in einer virtuellen Show präsentiert. In unserem 3D-Metaverse-Studio des internationalen Start-ups Room stellte Master Sommelier und Weinexperte Hendrik Thoma Winzer und Siegerweine vor – gemeinsam mit FEINSCHMECKER Chefredakteurin Deborah Middelhoff.
Wer das Event am 8. Dezember 2022 nicht live mitverfolgen konnte, hat jetzt die Möglichkeit, die Show auf unserem YouTube-Kanal in Ruhe zu genießen.
Die Jury des FEINSCHMECKER Riesling Cups
Auch in diesem Jahr verkostete wieder eine renommierte Experten-Jury für den Riesling Cup:
Caro Maurer, Autorin, Master of Wine
Die Journalistin, Dozentin, Jurorin, Moderatorin und Beraterin darf sich als erste Frau in Deutschland Master of Wine nennen. Der Titel wurde ihr nach dem erfolgreichen Bestehen der Prüfungen in Praxis und Theorie sowie der wissenschaftlichen Abschlussarbeit vom Institute of Masters of Wine in London verliehen. Caro Maurer konzentriert sich seit knapp 25 Jahren auf die Themen Essen und Wein. Sie schreibt unter anderem für DER FEINSCHMECKER und reist von ihrem Heimatort Bonn aus regelmäßig nach London und rund um den Globus, um spannende Weine aufzuspüren.
Sebastian Russold, Sommelier-Trophy 2021
Seine Reise in die Weinwelt begann hinter dem Bartresen des Intercontinental Berchtesgaden und ging als Sommelier sowie später als Chef-Sommelier im Louis C. Jacob in Hamburg weiter. Der Halt in der Schwarzwaldstube-Hotel Traube Tonbach war prägend für ihn, um seine Expertise zu vertiefen und seine Verkostungen auf ein neues Level zu heben. Seit Juni 2021 ist der Kölner Weinkeller das berufliche Zuhause von Sebastian Russold.
Karl-Josef Krötz, Ratskellermeister in Bremen
Groß geworden auf dem Weingut seines Vaters wurde ihm die Liebe zum Wein quasi in die Wiege gelegt. Der erste Riesling, den Karl-Josef Krötz bereits in sehr jungen Jahren probierte, war ein Riesling Auslese, Jahrgang 1959. Heute trägt er als Ratskellermeister im Bremer Ratskeller, der mit seiner Auswahl an knapp 1.200 Weinsorten zu den größten seiner Art gehört, die Verantwortung für die Führung, Weinproben und das Sortiment.
Vanessa Lieser, Sommelière im Schloss Hohenhaus
Lieser ist Teil einer Winzerfamilie an der Mosel. Nach ihrem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und arbeitete im Anschluss als Front Office Mitarbeiterin im 25 Hours Hotel in Köln – doch die Liebe zum Wein gewann. Vanessa Lieser arbeitete zunächst als Commis de Rang im Grandhotel Schloss Bensberg, wechselte in die Trattoria Enoteca und im Juni 2021 in das drei-Sterne-Restaurant Vendôme. Nebenher machte sie am International Wine Institut ihre Ausbildung zur IHK geprüften Sommelière. Heute arbeitet Lieser als Sommelière im Schloss Hohenhaus.
Axel Bode, Inhaber des Restaurant Witwenball in Hamburg
Gemeinsam mit seiner Frau Julia hat der gelernte Fotograf Axel Bode sich 2013 den Traum eines eigenen Weinrestaurants erfüllt. Nach erfolgreichem Abschluss der IHK-Ausbildung zum Sommelier wollte Bode seine Weinexpertise in den beruflichen Vordergrund rücken. So hat das Paar ein ehemaliges Tanzlokal in eine angesagte Hamburger Weinbar verwandelt.
Gabriele Heins, stellv. Chefredakteurin von DER FEINSCHMECKER
Die stellvertretende Chefredakteurin und Leiterin des Ressorts Wein & Küche, Lebensart trifft in ihrem Job zahlreiche Köch:innen, Winzer:innen sowie anderen Persönlichkeiten der kulinarischen Szene. Gabriele Heins gehört seit Jahren beim Riesling Cup zum festen Jurymitglied.
Kenny Machaczek, DER FEINSCHMECKER-Eventmanager
Der Eventmanager und langjährige Weinverkoster Kenny Machaczek arbeitet bereits seit fast 28 Jahren beim Magazin DER FEINSCHMECKER. Mit seiner Expertise unterstützt er als Juror sowohl beim Riesling Cup als auch beim Wein-Champion.
Die Sieger-Weingüter auf einen Überblick
Wenn wir in diesem Jahr von nicht ganz stringenter Qualität und kleinen Schwankungen in der Kollektion von Philipp Kuhn sprechen, ist das wirklich jammern auf extrem hohem Niveau. Es sind Kleinigkeiten, die uns aufgefallen sind, wie der Reduktionsböckser im Saumagen Riesling und die etwas schwache Struktur beim Chardonnay Réserve. Begeistert hat uns hingegen der Blanc de blancs brut nature mit kernigem und geradlinigem Charakter, Aromen von Brioche und Hefekuchen, frischer Säure und feinen Perlage. Oder der Pinot blanc aus dem Kirschgarten, den die feine Holznote perfekt trägt, und der mit zarter Frucht und nussiger Länge definitiv einer der besten Weißburgunder ist, die wir dieses Jahr verkosten durften. Spannend der Viognier Réserve, ein Kraftpaket mit gut eingebundenem Holz, Noten von Orangenschale und einer feinen, aber eleganten Bitternote. Die Rieslinge aus den Großen Lagen sind natürlich aller Ehren Wert und die 5 F weiterhin stabil.
Was für eine Kollektion, großartig! Christopher Loewens 2023er Rieslinge sind von außerordentlicher Qualität und gehören mit zu den Besten, die an der Mosel zu haben sind. Charaktervolle Paradeweine, betörend in ihrer Leichtigkeit, aber in ihrer fruchtigen Struktur mit viel Substanz ausgestattet. Herrlich, wie die feine, dezent gesetzte Süße die Frucht umgarnt, um sie geschmacklich auf den Höhepunkt zu bringen. Dazu eine Säure, die alles harmonisch im Griff hat und beeindruckende erfrischende Momente setzt. Egal, ob trocken, fruchtsüß oder edelsüß ausgebaut, wie die exzellent feine Auslese Goldkapsel und die komplexe Beerenauslese: Loewens 2023er Rieslinge bringen das Leiwener Weingut in der Bewertung immer näher an die absolute Spitze.
Das Weingut blickt auf eine lange Weinbautradition seit 1670 zurück. Heute gilt die besondere Aufmerksamkeit von Michael Trenz vor allem dem Riesling, das Portfolio umfasst allerdings auch weiße Burgundersorten, Sauvignon Blanc und Spätburgunder, sogar ein Gin ergänzt das Sortiment. Unbedingt probieren sollte man den 2023 Steinhaus Riesling, der mit seiner feinsaftigen Frische zum Trinken animiert. Wer es etwas fruchtiger mag, versucht die 2023 Spätlese feinherb, die tänzelnd und mit eleganter Struktur viel Spaß ins Glas bringt. Das 2021 Johannisberg Mittelhölle Rheingau GG wirkt dagegen ernsthafter und kühler, mit Kräutern, Kernobst, sehr mineralisch, straff und mit feinem Grip.
An der Grenze zwischen Rheinhessen und der Nahe, zwischen Bingen und Bad Kreuznach, wachsen die Reben des 1833 gegründeten Weinguts. Es kann Weine aus beiden Anbaugebieten keltern und wird in 5. Generation von Hans-Werner Schenk und seiner Frau Martina geführt. Ihre Weine reifen in Edelstahltanks oder im typischen rheinhessischen Stückfass aus Eichenholz. In seiner gradlinigen Klarheit gefällt uns der Riesling Kieselberg, einfacher, aber mit gutem Trinkfluss zeigt sich der Gutsriesling. Den Burgundern dagegen fehlt es aktuell durchweg an Struktur, der Spätburgunder als dem Honigberg hinterlässt einen herben, leicht bitteren Eindruck am Gaumen.
Die aktuellen Rieslinge aus dem Traditionsweingut, das seit 1680 in Familienbesitz ist, sind – wieder einmal – eine Klasse für sich. Natürlich kann der rund 21 Hektar große Betrieb auf Spitzenlagen in Brauneberg, Erden, Wehlen und Graach zurückgreifen. Aber es ist die Vision von Dr. Dirk Richter und seinem Kellermeister Florian Jakoby, aus den Trauben der alten Rebstöcke modern inspirierte, finessenreiche Rieslinge zu produzieren, die einen mineralischen Bezug zum Terroir in sich tragen. Im guten Jahrgang 2023 ist das wieder trefflich gelungen, die Rieslinge strotzen vor Kraft und Saftigkeit, dazu glänzen die mineralischen Noten und die Säure tanzt belebend zwischen Frucht und Restsüße. Erstklassige Kabinett-Weine mit fruchtig eleganter Präsenz haben ein wenig die Nase vorn im erstklassigen Sortiment des 2023er Jahrgangs. Großes Geschmackskino!
Dirk Emmich ist ein Winzer, der weiß, was er tut. Und er tut es so, dass andere es verstehen können. Seine aktuelle Kollektion erweist sich als im besten Sinn zugänglich, fundiert, nachvollziehbar. Der Silvaner Ortswein zeigt sich fein und herrlich stoffig zugleich, der Trinkfluss stimmt, der feinfruchtige Westhofener Weiße Burgunder wird von zarter Säure getragen. Der Riesling aus dem Höllenbrand präsentiert sich als charaktervoller Lagenwein mit karger Frucht und kräftiger Struktur. Der Sankt Laurent ist ein gehaltvoller und dabei wunderbar trinkiger Wein mit Substanz, Frucht und Länge. Der Spätburgunder aus dem Höllenbrand überzeugt mit pfeffriger Würze. Ein rundum stimmiger Auftritt des Weinguts aus Bermersheim.
Wenn es mal läuft, dann aber richtig. Alle Ruwer-Rieslinge, die wir aus dem aktuellen Jahrgang des renommierten Betriebs probieren konnten, hatte einen bemerkenswert eleganten Lauf, steckten voll klarer Frucht, Rieslinge von stattlichem Format und Finesse mit dem Prädikat „Große Klasse“. Die exzellente 2023er Kollektion fängt beim einfachen Gutswein an, der sich als perfekter Essenbegleiter zu herzhaften Gerichten empfiehlt. Nächster Halt sind fruchtige Kabinett-Weine, die trotz ihrer geschmeckten Leichtigkeit voller nachhaltiger Dynamik stecken. Da steigt die Lust auf den nächsten Schluck. Einen guten Eindruck machte auch der Große Gewächs aus dem Abtsberg, Riesling in einem etwas reiferen Gewand und mit einer Säure, die ihn die nächsten Jahre fit halten wird. Châpeau vor der Auslese Nr. 88, der Riesling strotz vor Trinkfreude.
Von Winning, Stephan Attmann und das Holz … – für manch einen Rieslingfreund in dieser Konstellation ein Anathema, für uns ganz eindeutig einer der Gründe für das vierte F: Gratulation nach Deidesheim! Zumal, wenn der Holzeinsatz solch wunderschöne Blüten treibt wie etwa bei den wirklich spektakulär ausdrucksstarken Riesling-GGs Jesuitengarten (intensive – nicht üppige! –, leicht tropisch anmutende Frucht, enorm anregende Salzigkeit und eine phenolisch-tonische Komponente, die den dichtgewirkten Wein souverän „auf Spur“ hält) und Kirchenstück (reife bis kandierte Zitrusfrucht, Rauch und Stein, sanfter Schmelz und immer distinktere, saftigere Frucht, zitrische, schon wunderbar reife Säure und ein enorm langes Finish). Ein paar Nummern kleiner, aber umso subtiler, trinkanimierender und erfrischender, der saftige, knackig zitrusfruchtige Riesling aus der Mäushöhle: Win-Win-Situation für alle!
Was soll man dazu sagen, was schreiben? Dass aus dem Familienbetrieb wieder einmal eine nahezu perfekte Riesling-Jahrgangskollektion kommt, in der alles steckt, was Rieslinge können, ist hier die Regel geworden. Es war die beste, homogenste und spannendste Kollektion unserer Probe, jeder Riesling für sich eine geschmackliche Offenbarung. Immer extrem frisch und belebend, mal kraftvoll fruchtig wie die Spätlesen, mal verspielt und von kühl anmutender Stilistik wie die nuancenreichen Kabinette. Und letztendlich die großartigen, vollmundigen Auslesen mit feiner Fruchtreife aus der Paradelage Niederberg Helden, die signalisieren, dass jetzt ein Höhepunkt erreicht ist. Wer in den Genuss dieser außergewöhnlich guten Weine kommt, wird in die Mosel-Riesling-Fangemeinde eintreten.
Cecilia Jost ist die siebte Generation im Weingut. Auf beiden Seiten des Rheins, sowohl im Mittelrheintal als auch im Rheingau, baut sie 80 Prozent Riesling, 15 Prozent Spätburgunder sowie Weißburgunder und Dunkelfelder an. Beeindruckt waren wir von der 2010 Wallufer Walkenberg Riesling Spätlese. Der oft unterschätzte Jahrgang zeigt seine ganze Größe mit vitaler Säure und erstaunlicher Frische. Flirrend und tänzelnd und dabei mit substantieller Mineralität und ätherischer Kühle ist der feinherbe Bacharacher Riesling ein Beispiel bester Kabinetts-Stilistik. Insgesamt empfanden wir die Kollektion allerdings als etwas unausgewogen und uninspiriert.
Vier Generationen haben vorgelegt, die fünfte mit Claus Piedmont und Tochter Sitta führt heute das Familienweingut. Riesling steht oben im Betrieb, dazu kommen einige Parzellen Weißburgunder, die vorwiegend auf Blauschiefer-Böden stehen. Das geht natürlich nicht spurlos an den Weinen vorüber: Die straffen, in 2023 nicht ganz so komplexen Rieslinge lassen in ihrer saftigen Textur immer wieder mineralische Nuancen erkennen. Unsere diesjährigen Favoriten sind die beschwingten Kabinett-Rieslinge, die mit sehr dezenter Süße und fruchtig-würzigen Aromen punkten. Die beiden Gutsweine, Weißburgunder und Riesling, sind knochentrockene Vertreter und herzhafte Alltagsweine. In den Festräumen und Salons der „Belle Etage“ finden Weinproben und kulinarische Events statt.
„Große Moselklassik …, die sich zeitgemäß weiterentwickelt“, war eine Formel, mit der wir die Haag’schen Rieslinge vor Jahren schon zu fassen versuchten. So unspektakulär das klingen mag, zumal man die Weine gefühlt schon „ein ganzes Leben lang“ kennt, macht man sich um gewisse Äußerlichkeiten oder Eigentümlichkeiten kaum Gedanken, im Eifer so manchen Gefechts entfallen einem dann „Kleinigkeiten“, etwa dass über dem Weingut von Oliver Haag seit Jahr und Tag fünf Feinschmecker-Fs leuchten („Einer der besten Weinproduzenten“ – mithin also Weltklasse)! Daher im Grunde unbedingt alles probieren, kaufen und trinken. Den Großen Gewächsen Juffer, Juffer-Sonnenuhr und Paulinshofberg sollte man, so anziehend dieses Spiel von Kargheit und Versprechen (die langsam erwachende Quitten-Zitrus-Aromatik des Juffer-GGs: herrlich!) auch sein mag, noch ein paar Jahre gönnen. Bei den filigran zitrisch-floralen, perfekt strukturierten Spät- und Auslesen aus der Juffer Sonnenuhr (jahrein, jahraus grandios die Goldkapsel!) scheint uns jeder Widerstand zwecklos – ach, ist das schön!