Der FEINSCHMECKER Riesling Cup 2022

Der Riesling ist der markanteste und wichtigste aller deutschen Weine. Diese Rebsorte bildet besonders prägnant Herkunft und Charakter ab. Die besten Winzer:innen bringen mit Riesling Weinkenner:innen auf der ganzen Welt zum Schwärmen. Mal mit kraftvollem Körper, mal mit feinen Fruchtnoten oder eleganter Balance von Süße und Säure – dieser Wein ist nie langweilig.
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Mit dem „Deutschen Riesling Cup“ würdigt DER FEINSCHMECKER bereits seit 2008 diese deutsche Rebsorte – und die facettenreichen Weine von Weltklasse. So auch in diesem Jahr, in dem sich die Frage stellte: Wer hat den besten trockenen Riesling in Deutschland des Jahrgangs 2021 gemacht?
Das sind die Sieger des Riesling Cups 2022
Große Überraschung bei der Auszählung der Punkte: völliger Gleichstand an der Spitze, bis auf die letzten Dezimalzahlen! Und so geht der Glückwunsch an zwei erste Plätze: das Moselaner Weingut Carl Loewen sowie Philipp Kuhn aus der Pfalz! Beide hatten zum Deutschen Riesling Cup trockene Lagenweine eingeschickt. Wie sie waren Hunderte Weingüter dem Aufruf gefolgt und hatten für den Wettbewerb je einen trockenen Riesling des Jahrgangs 2021 aus ihrem Portfolio eingereicht – vom Ortswein bis zum Großen Gewächs.
Wie lief der FEINSCHMECKER Riesling Cup 2022 ab?
In zwei Runden mit mehreren Flights hatte eine Jury aus Weinexpert:innen die Gewächse blind verkostet – bis die 13 Sieger feststanden. Weitere Überraschungen: Punktgleichstand herrschte auch bei Platz neun mit drei Weingütern, und die Riesling-Hochburg Mosel legte mit sechs Platzierungen einen starken Auftritt hin. Offenbar kamen die Winzer der Region mit dem verregneten Sommer gut zurecht und präsentierten Weißweine voller Finessen. „2021 triumphierten die Lagen, die unter den letzten drei warmen Jahrgängen eher gelitten hatten. Die Zuckerreife schritt diesmal langsamer voran und brachte Rieslinge mit Leichtigkeit bei Alkohol und Körper sowie straffer Säure hervor“, bilanzierte Jurorin Caro Maurer. Verkoster Sebastian Russold fügte hinzu: „Der Umgang mit der Säure war wohl der Schlüssel für herausragende Weine. Das Niveau bei diesem Cup war hoch, aber die Spitze setzte sich doch deutlich ab“, resümierte er nach der Finalverkostung im Hamburger Restaurant Witwenball.
Dies war der ideale Ort für das konzentrierte Tasting, schließlich ist das Restaurant von Julia und Axel Bode bekannt für hohe Weinkompetenz, kreative Küche, aber auch schickes Art-déco-Design im Stil der 1920er-Jahre.

Platz 1: 2021 Kirschgarten GG trocken, Philipp Kuhn, Pfalz
Ein Riesling modernen Typs heimst Gold ein: nur dezente Frucht, dafür spannende, vibrierende Noten von Feuerstein und sehr fein gearbeiteten Kräutern. Kantig, erfrischend, salzig mit Zug und Länge am Gaumen! Ein komplexer Charakter, der noch ruhen kann, um sich voll zu entfalten.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Philipp Kuhn mit 4,5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 1: 2021 Ritsch trocken GG, Carl Loewen, Mosel
Gold II für eine Rarität: Aus der ersten Kollektion, die Christopher Loewen verantwortet, stammt der Riesling – von einer kleinen kargen, steilsten Parzelle. Glasklar, facettenreich, feinnervig, mineralisch, zupackend mit Noten von Zitrus und Kumquat.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Carl Loewen mit 3,5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 3: 2021 Johannisberg, alte Reben, trocken, Weingut Trenz, Rheingau
Michael Trenz profitiert von 50 Jahre alten Rieslingreben, die auch Grundstoff für diesen Spitzenwein sind. Er ist pure Trinkfreude: engmaschig, elegant, straff, feine Noten von Kräutern und Zitronengras, dazu Ananas und ein aromatischer Nachhall.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Trenz mit 2F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 4: 2021 Riesling Kieselberg trocken, Weinhof Fischborn-Schenk, Rheinhessen
Überraschungserfolg für das Familienweingut: Auf gesteinsreichem, nährstoffarmem Boden wächst der fein gewebte und konzentrierte Riesling: gelbe Früchte, Zitrusnoten, fröhlich-verspielt mit belebendem Fluss und nachhaltiger Länge!
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Fischborn-Schenk mit 1F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 5: 2021 Graacher Domprobst „Alte Reben", Weingut Max Ferd. Richter, Mosel
Grand-Cru-Lage und selektiv-späte Handlese: So entstand im Familienbetrieb (10. Generation!) der feinfruchtige, raffinierte und tänzerischhochelegante Wein. „Holunderblüte, floral, zugänglich, spritzige Säure!“, notierte Vanessa Lieser anerkennend.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Max Ferd. Richter mit 4F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 6: 2021 Gundersheimer Höllenbrand, Neef-Emmich, Rheinhessen
Hier trumpft ein dichter, kraftvoller Charakter mit viel Frische auf! Rauchige Noten verbinden sich apart mit Limette, die Säure umschmeichelt stützend die Fruchtsü.e. Toller Trinkfluss. Ein Ausrufezeichen von Dirk und Philipp Emmich, präzise, stimmig!
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Neef-Emmich mit 2F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 7: 2021 Herrenberg trocken GG, Maximin Grünhaus, Mosel
Das Große Gewächs aus der Einzellage Herrenberg, gewachsen auf uraltem Devonschiefer-Boden, betört mit Noten von Ananas und Zitronenschale, ist saftig und vollmundig, dabei sehr balanciert. Karl-Josef Krötz’ Prognose: „Wächst mit der Luft und kommt groß raus.“
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Maximin Grünhaus mit 4F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 8: 2021 Königsbacher Ölberg trocken, Von Winning, Pfalz
Aus einer Ersten Lage an der Weinstraße stammt Stefan Attmanns cremiger, erfrischender Wein, der ein perfekter Speisebegleiter ist: zartgelbe Aromen in der Nase, jugendliche Säure, dabei konzentriert; nachhaltige Länge und eine Restsüße, die die Säure toll abfedert.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut von Winning mit 4F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 9: 2021 Enkircher Batterieberg Große Lage, Weingut Immich-Batterieberg, Mosel
Cremig, dabei sehnig mit Noten von Apfelschalen: Der moderne Klassiker stammt aus einer Monopol- Lage mit 60 Jahre alten Reben. Man spürt das Große Holzfass, die Säure ist filigran. Fließt samtig über die Zunge.
Weitere Infos zum Weingut unter: www.batterieberg.com

Platz 9: 2021 Heldenstück Riesling trocken, Schloss Lieser – Thomas Haag, Mosel
Ein Wein, der seinem Namen gerecht wird: von wurzelechten, bis zu über 100 Jahre alten Reben stammt der „Held“, der sich mit Aromen von Zitronat und Lemongrass, rauchiger Note sowie abrundender Säure empfiehlt. „Facettenreich, die Herkunft deutend“, meint Axel Bode.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Schloss Lieser – Thomas Haag mit 5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 9: 2021 Bacharacher Hahn trocken, Toni Jost – Hahnenhof, Mittelrhein
In siebter Generation führt Cecila Jost das Weingut. In der Ersten Lage Bacharacher Hahn wachsen ihre Spitzenrieslinge, wie dieses Prachtexemplar: einladende Aromatik mit zitrischen Noten und nassem Stein. Schmelz, Frische, dazu fein ziseliert am Gaumen.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Toni Jost mit 4,5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 10: 2021 Filzen Pulchen GG, Weingut Piedmont, Mosel
Immer noch ein Hidden Champion, auch wenn das Gut 2019 bereits den Riesling Cup gewann. Abermals überzeugte der Wein mit intensiver Frucht, Eleganz und einem Hauch Phenolik. Der Paradewein aus dem Pulchen (lateinisch: schöner Weinberg) wirkt wie aus einem Guss!
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Piedmont mit 3F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.

Platz 11: 2021 Juffer-Sonnenuhr Riesling trocken GG, Weingut Fritz Haag, Mosel
„Gnadenlos trocken, mutig“, notierte Caro Maurer. Aus einer der besten Mosel-Lagen mit markantem Schieferboden holt Oliver Haag dieses elegante Gewächs: gelbe Früchte, feste Säure, mineralische Anklänge. „Er braucht noch Zeit“, so Sebastian Russold.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Weingut Fritz Haag mit 5F aus. Lesen Sie am Ende des Artikels die ausführliche Weingut-Bewertung.
Erleben Sie die Award-Präsentation
Neben der großen Berichterstattung in der FEINSCHMECKER-Ausgabe Februar 2023, die im Handel und im Onlineshop erhältlich ist, gab es in diesem Jahr eine ganz besondere Premiere.
DER FEINSCHMECKER hat den „Riesling Cup“ auf innovative Weise inszeniert und die Siegerweine in einer virtuellen Show präsentiert. In unserem 3D-Metaverse-Studio des internationalen Start-ups Room stellte Master Sommelier und Weinexperte Hendrik Thoma Winzer und Siegerweine vor – gemeinsam mit FEINSCHMECKER Chefredakteurin Deborah Middelhoff.
Wer das Event am 8. Dezember 2022 nicht live mitverfolgen konnte, hat jetzt die Möglichkeit, die Show auf unserem YouTube-Kanal in Ruhe zu genießen.
Die Jury des FEINSCHMECKER Riesling Cups
Auch in diesem Jahr verkostete wieder eine renommierte Experten-Jury für den Riesling Cup:

Caro Maurer, Autorin, Master of Wine
Die Journalistin, Dozentin, Jurorin, Moderatorin und Beraterin darf sich als erste Frau in Deutschland Master of Wine nennen. Der Titel wurde ihr nach dem erfolgreichen Bestehen der Prüfungen in Praxis und Theorie sowie der wissenschaftlichen Abschlussarbeit vom Institute of Masters of Wine in London verliehen. Caro Maurer konzentriert sich seit knapp 25 Jahren auf die Themen Essen und Wein. Sie schreibt unter anderem für DER FEINSCHMECKER und reist von ihrem Heimatort Bonn aus regelmäßig nach London und rund um den Globus, um spannende Weine aufzuspüren.

Sebastian Russold, Sommelier-Trophy 2021
Seine Reise in die Weinwelt begann hinter dem Bartresen des Intercontinental Berchtesgaden und ging als Sommelier sowie später als Chef-Sommelier im Louis C. Jacob in Hamburg weiter. Der Halt in der Schwarzwaldstube-Hotel Traube Tonbach war prägend für ihn, um seine Expertise zu vertiefen und seine Verkostungen auf ein neues Level zu heben. Seit Juni 2021 ist der Kölner Weinkeller das berufliche Zuhause von Sebastian Russold.

Karl-Josef Krötz, Ratskellermeister in Bremen
Groß geworden auf dem Weingut seines Vaters wurde ihm die Liebe zum Wein quasi in die Wiege gelegt. Der erste Riesling, den Karl-Josef Krötz bereits in sehr jungen Jahren probierte, war ein Riesling Auslese, Jahrgang 1959. Heute trägt er als Ratskellermeister im Bremer Ratskeller, der mit seiner Auswahl an knapp 1.200 Weinsorten zu den größten seiner Art gehört, die Verantwortung für die Führung, Weinproben und das Sortiment.

Vanessa Lieser, Sommelière im Schloss Hohenhaus
Lieser ist Teil einer Winzerfamilie an der Mosel. Nach ihrem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und arbeitete im Anschluss als Front Office Mitarbeiterin im 25 Hours Hotel in Köln – doch die Liebe zum Wein gewann. Vanessa Lieser arbeitete zunächst als Commis de Rang im Grandhotel Schloss Bensberg, wechselte in die Trattoria Enoteca und im Juni 2021 in das drei-Sterne-Restaurant Vendôme. Nebenher machte sie am International Wine Institut ihre Ausbildung zur IHK geprüften Sommelière. Heute arbeitet Lieser als Sommelière im Schloss Hohenhaus.

Axel Bode, Inhaber des Restaurant Witwenball in Hamburg
Gemeinsam mit seiner Frau Julia hat der gelernte Fotograf Axel Bode sich 2013 den Traum eines eigenen Weinrestaurants erfüllt. Nach erfolgreichem Abschluss der IHK-Ausbildung zum Sommelier wollte Bode seine Weinexpertise in den beruflichen Vordergrund rücken. So hat das Paar ein ehemaliges Tanzlokal in eine angesagte Hamburger Weinbar verwandelt.

Gabriele Heins, stellv. Chefredakteurin von DER FEINSCHMECKER
Die stellvertretende Chefredakteurin und Leiterin des Ressorts Wein & Küche, Lebensart trifft in ihrem Job zahlreiche Köch:innen, Winzer:innen sowie anderen Persönlichkeiten der kulinarischen Szene. Gabriele Heins gehört seit Jahren beim Riesling Cup zum festen Jurymitglied.

Kenny Machaczek, DER FEINSCHMECKER-Eventmanager
Der Eventmanager und langjährige Weinverkoster Kenny Machaczek arbeitet bereits seit fast 28 Jahren beim Magazin DER FEINSCHMECKER. Mit seiner Expertise unterstützt er als Juror sowohl beim Riesling Cup als auch beim Wein-Champion.
Die Sieger-Weingüter auf einen Überblick
Es ist verführerisch, aus der herausragenden Weißweinkollektion von Philipp Kuhn, nur die Große-Gewächs-Rieslinge zu empfehlen, doch die große Winzerkunst des Pfälzers ist vielfältiger. Schon der Gutswein ist mit seiner rauchigen und gelbfruchtigen Art, mit Mineralität, Fülle und Saft ein deutliches Statement. Der Riesling aus dem Kirschgarten wirkt da wie der Gegenentwurf, mit ganz fein gearbeiteter Kräuteraromatik, Zug, Eleganz und Länge eine herrlich komplexe Angelegenheit. Der 2020er Pinot blanc aus der gleichen Lage vereint Schmelz, Saft, feste Textur und klare Aromatik zu einem Paradebeispiel für Weißburgunder. Für uns mit dieser Kollektion ein klarer Kandidat für den Aufstieg in den FEINSCHMECKER-Olymp.
Leichte, charaktervolle Rieslinge sind die Weine, die sich Karl-Josef und Christopher Loewen wünschen. Tatsächlich gelingt es dem rund 15 Hektar großen Familienbetrieb kontinuierlich, diesen glasklaren facettenreichen Rieslingtyp auf die Flasche zu bringen. So auch im aktuellen Jahrgang, wir probierten wunderbar saftige Rieslinge, charaktervolle markante Gewächse mit Biss und Eleganz gleichermaßen. Großartig, weil von geradliniger Süße und einer animierend frischen Säure geprägt, gefallen die Auslesen, die zu den Highlights der ohnehin starken 2021er Kollektion gehören.
Michael Trenz kann gleich mit mehreren Pfunden wuchern. Besondere Bedeutung haben für ihn die rund 50 Jahre alten Rieslingreben, deren Trauben in seine Spitzenweine einfließen. Seine Handschrift darf man als geschliffen und schmeichelnd bezeichnen. Da ist viel Trinkspaß und unkompliziertes Weingenießen garantiert. Exakt das zeigt der Steinhaus Riesling mit seiner herben Frucht und dem animierend saftigen Gaumen. Eine Stufe darüber steht der kräftige, steinwürzige und kompakte Johannisberger Riesling Mittelhölle RGG. Im modernen gutseigenen Restaurant lässt man es sich gut gehen und genießt die Weine zur feinen Küche.
1833 gegründet, liegt das Weingut 1929 in der Hand der Familie. Die Besonderheit: Biebelsheim liegt an der Grenze zur Weinregion Nahe, dort steht auch ein Drittel der Rebstöcke, so dass der Betrieb Gewächse aus beiden Regionen im Portfolio hat. Im Fokus sind besonders Burgundersorten, aber auch Silvaner sowie Riesling - das trockene Exemplar 2021 kam sogar auf Platz 4 beim "Riesling Cup 2022" von DER FEINSCHMECKER. Weitere Besonderheit: Alle Flaschen werden mit Korken verschlossen, und Handarbeit ist der fünften Generation, Hans-Werner Schenk und Ehefrau Matina, wichtig. Beispiele dafür sind die 2021er Scheurebe mit Prägnanz und Säure, auch der 2021er Weisser Burgunder trocken zeigt hohe Säure sowie Noten von Ananas.
Was das traditionsreiche Weingut aus dem Jahrgang 2021 im Keller liegen hat, lohnt eine Probe durch alle Qualitäten. Zugegeben, der Riesling dry war nicht unser Favorit. Zwar nicht schlecht, aber ohne den gewohnten Drive. Eher ein bescheidener Vertreter seiner trockenen Zunft, solide und ordentlich, ein einfacher Alltagswein. Dagegen punkten die Weine, sobald auch nur ein Gramm Restzucker ins Spiel kommt. Dann glänzt die Rieslingfrucht kristallklar, windet sich unbeschwert elegant und von mineralischen Nuancen begleitet, durch den Gaumen und hält mit einer erfrischenden Säure Einzug in den Geschmack, der noch lange im Gedächtnis bleibt. Da scheint die Lage fast zweitrangig, denn alle 2021er Richter-Weine verdienen im aktuellen Jahrgang das Prädikat „Klasse“.
Auch dieses Jahr ist wieder alles stimmig in der Kollektion des Weinguts Neef-Emmich. Die ehrlichen, ausdrucksstarken und eleganten Weine zeigen das feinfühlige Gespür von Winzer Dirk Emmich und haben unter dem Einfluss von Sohn Philipp nochmal an Straffheit und Präzision gewonnen. Da wir uns nicht so recht entscheiden konnten, empfehlen wir gleich drei Weine. Da ist der Westhofener Weißer Burgunder, nervös und doch schmeichelnd, fruchtig, mit zarten Aromen von Sommerblumen und feinen Bitternoten im Finale. Der Riesling Kabinett beherrscht das Süße-Säure-Spiel perfekt und schnurrt im Glas mit spielerischer Frucht. Der Albiger Sankt Laurent ist mit seinem Bukett von Schwarzkirsche, rauchigen Noten und französischem Clafoutis ein charmanter Bursche, der mit Frische und samtigen Tanninen auch ein toller Essensbegleiter ist. Das ist so gut gemacht, dass wir dem Weingut gerne einen Aufstieg verpassen.
Ein Weingut, das seit Jahrzehnten für außergewöhnliche Rieslinge steht und eine Familientradition, die das Image mit jedem Jahrgang immer wieder neu aufpoliert. Beschwingt und unkompliziert präsentierten sich die Rieslinge in der Probe, bei aller Tiefe und Komplexität der Weine. Ein gelungener Spagat, der für einen modernen Ausbaustil spricht und geradewegs und zielgerichtet in die Zukunft weist. Eine besondere Klasse sind die 2021er Kabinett-Rieslinge, alle aromatische Gewächse mit unbeschwerter Frische und jugendlicher Spritzigkeit. Sehr gut gemacht, Trinkfreude mit Charme.
Die kraftvolle und üppige Stilistik aus dem Von-Winning-Keller hat einen hohen Wiedererkennungswert, die diesjährige Kollektion macht da keine Ausnahme. Die etwas plakative Art des Sauvignon blancs wird durch eine schöne Säurestruktur und saftige Länge aufgefangen. Mit viel gelber Frucht, Würze und gut eingebundenem Holz ist der Chardonnay Royale schon sehr weich und reif, das bietet viel Trinkfreude. Die feine Nase des Pinot noirs mit Rose und Kirsche und einem rauchigen Unterbau ist richtig groß.
Sichere und verlässliche Kontinuität in der Königsklasse zu bieten ist eine große Leistung, die man nicht genug wertschätzen kann. Thomas Haag bietet diese seit Jahren, ohne großes Aufsehen, eher bescheiden, aber durchaus selbstbewusst. Zu Recht, denn Haags spontan vergorene Rieslinge sind seit Beginn seiner Karriere von bestechender Klarheit und einnehmender Eleganz. Eine Klasse für sich, auch die 2021er Kollektion macht da keine Ausnahme. Unsere Favoriten sind im aktuellen Jahrgang die nuancenreichen Kabinett-Rieslinge und die Auslese, die mit ihrer wunderbar zarten Restsüße glänzt.
Die 2021er Kollektion von Cecilia Jost ist bestechend. Schon die beiden Mittelrhein-Rieslinge (trocken und feinherb) liegen weit über Normalniveau. Der Devon S ist hochmineralisch und weit mehr als ein normaler Gutsriesling. Die Erste Lage vom Bacharacher Hahn verbindet zarte Mineralität mit Feinfruchtigkeit. Das GG Im Hahn steht für dezente Schiefereleganz, basierend auf feinster Frucht und kristalliner Säure. Selbst der Kabinett mit seinen 55 Gramm Restzucker ist balanciert und keineswegs zu süß. Aus der Rheingauer Außenstelle von Toni Jost haben uns der Jodocus-Gutsriesling und die Alten Reben begeistert.
Claus Piedmont und Tochter Sitta haben sich in ihrem kleinen Weingut fast ausschließlich dem Riesling verschrieben, der in ihren Weinbergen vorwiegend auf Blauschieferböden steht. Nur ein kleiner Anteil Weißburgunder ergänzt das Sortiment, das in seiner Gänze auch im Jahrgang 2021 empfehlenswert ist. Dennoch sind die Rieslinge sehr individuell und tragen die Handschrift der Piedmonts, die besonderen Wert auf eine klare und blitzsaubere Fruchtigkeit ihrer Weine und eine präzise Säure legen. Das gelingt 2021 einmal mehr mit Bravour, dabei soll der feinfruchtige, elegante Weißburgunder nicht unerwähnt bleiben.
Dass in dem Familienweingut von Oliver Haag Große Gewächse entstehen, die ihren Namen zu Recht tragen, steht außer Zweifel. Auch wenn sich die 2021er Rieslinge dieser Kategorie zu diesem frühen Zeitpunkt der Probe noch etwas verschlossen und zurückhaltend zeigen, ist mit jedem Schluck das enorme Potenzial erkennbar, das diese Weine in sich tragen. Ein lohnendes Investment in guten Geschmack, der über Jahre halten wird. Richtig beschwingt und animierend und mit mineralischer Eleganz ausgestattet, präsentieren sich die aktuellen Kabinette und Spätlesen aus den renommierten Brauneberger Lagen Juffer oder Juffer Sonnenuhr: Oliver Haag hat für diese markanten Schieferböden und die darauf wachsenden Reben das richtige Händchen, um ihnen ihre Aromenvielfalt zu entlocken und mit einer beeindruckend klaren Säure harmonisch in Einklang zu bringen. Great again!