Andreas Widmann im Porträt: Heimatküche neu gedacht
Steckbrief Andreas Widmann
Name: Andreas Widmann
Alter: geboren 1987 in Heidenheim
Stationen: Ausbildung im Hotel Hirsch in Fellbach-Schmieden bei Michael Oettinger (2007 – 2010), Restaurant Atelier im Hotel Bayerischer Hof München (2011 – 2013), Koch in Geisels Werneckhof bei Tohru Nakamura (2013 – 2014), im Atelier Gourmet bei Philippe Bosquet in München, 2014 Station in Neuseeland, seit 2015 im elterlichen Hotel und Restaurant.
Das Restaurant: Das Ursprung ist das gehobene Gourmetrestaurant des Hotels Widmann’s Alb.leben, neben der klassischen Wirtsstube Löwen. Mit viel Naturholz eingerichtet, verleugnet es nicht seine Tradition als schwäbisches Gasthaus. Es hat 25 Plätze.
Mitarbeiter: Im Ursprung bilden neben dem Chef vier Köche die Brigade, das Serviceteam drei Kellnerinnen. Widmanns Frau Anna ist Sommelière und leitet den Service.
Familie: Drei Generationen leben zusammen im Hotel-Restaurant-Haus-Komplex: Widmanns Eltern Regina und Frank, die das Catering leiten, Andreas und Anna Widmann und die Töchter Marie (6) und Sophie (2).
Was ist das Besondere an Andreas Widmanns Kochstil?
Andreas Widmann geht wie ein ultrafitter, ultragut trainierter Tänzer in einen Spagat – zwischen der Tradition seiner Heimat einerseits, der internationalen Küche andererseits. Er sagt: „Meine felsenfeste Überzeugung ist, nach der Saison zu kochen und mit den tollen Produkten der Region, die es nur hier gibt, wie das Ostalb-Lamm oder der Limburger Weideochse, den wir wieder züchten. Sie stehen für die Landschaft hier. Meine Aufgabe ist es, daraus eine Küche mit hohem Niveau zu schaffen.“
Regionalität ja und unbedingt, aber der Weg bis auf den Teller ist bei Widmann so international geprägt wie bei wenigen anderen: Begeistert von den Küchen Skandinaviens (im Restaurant Frantzén in Stockholm wollte das Ehepaar Widmann arbeiten, das hatte sich zerschlagen), inspiriert von seiner Zeit in Neuseeland und den Küchen Südostasiens und Japans, greift Andreas Widmann beherzt zu Techniken wie dem Fermentieren, Räuchern und Reifen. Deshalb wirkt Widmanns Küche äußerst modern.
Andreas Widmanns Kreationen
Wieso heißt Andreas Widmanns Restaurant Ursprung?
Der Name bringt gut auf den Punkt, dass Andreas Widmann die Tradition und Familie sehr schätzt, er ist zwischen Kochtöpfen und Zapfhahn aufgewachsen, „hier am Tisch habe ich als Kind meine Hausaufgaben gemacht“. Den Ursprung des Restaurants – also die Tradition als 200-jähriges Gasthaus – interpretiert Widmann um zu einem dreifachen Anspruch: Um ihn anschaulich zu machen, legt er vor jeden Gast drei hölzerne Teller, der erste geprägt mit einer Ähre – sie steht für das regionale Netzwerk und Achtung vor der Natur. Ein zweiter Teller präsentiert einen Kuhkopf – „das zeigt unseren Respekt vor den Lebewesen und dem engen Kontakt zum Produzenten.“ Und die dritte Holzscheibe ist ein Teller mit Besteck, Symbol für „höchsten Genuss, Leidenschaft fürs Kochhandwerk und die Rolle des Gastgebers, mit toller Weinkarte."
Dazu gibt es Wein. Andreas Widmanns Frau Anna ist Tirolerin, sie arbeitete als Chefsommelière im Bayerischen Hof und empfiehlt ihre Entdeckungen charmant und niemals belehrend: Winzer aus der Region wie Albrecht Schwegler (grandios: der rote Saphir zur Ente!) und die Fellbacher Weingärtner, aber auch Österreicher wie Werlitsch aus der Steiermark.
Andreas Widmann und sein Team im Restaurant Ursprung
Was steht im Restaurant Ursprung auf der Karte?
Andreas Widmann steht für Gerichte, die schlicht klingen und im Titel ihre Raffinesse und Komplexität verbergen. Die „Bayerische Ente“ etwa ist drei Wochen in Salz und Heu gereift, zur geschmorten Keule hat Widmann die Brust eine Stunde bei 60 Grad in der Wärmeschublade garen lassen, im Anschluss über Holzkohle gegrillt, das Blaukraut nur roh mariniert, das Kartoffelpüree geräuchert. Die „Seeforelle“ aus benachbarter Zucht reifte eine Woche lang im Kühlhaus, wurde gebeizt und gegrillt – die Haut ist phänomenal kross. Dazu serviert er roh marinierte Rosenkohlblätter, Saiblingskaviar, Dillöl und eine geschmacksstarke Beurre blanc aus den kräftig gerösteten Fischkarkassen. Das ganze Tier zu verarbeiten ist für Widmann Pflicht.
Und sonst? Ketchup aus milchsauer fermentierten Tomaten, Miso-Paste aus den heimischen Alblinsen, Desserts mit dem süßen Amazake-Zucker aus der japanischen Technik des Fermentierens.
Uns wie schmeckt es? Ungemein komplex und rund! Süße und Säure, erdige und fruchtige Aromen, weiche und krosse Konsistenzen bilden eine Einheit von fabelhafter Harmonie. Gänge wie das „Demeter Hend’l“ gewinnen schon deswegen ihre Geschmackstiefe, weil Widmann nahezu alles vom Geflügel verarbeitet – die Leber serviert er gebeizt, das Hühnerfett verarbeitet er zu Hollandaise. Das Rind (Filet und geschmorter Nacken) wird begleitet von milchsaurem Champignonfond und Blaubeerkonfiüre – aus Früchten, die ebenfalls milchsauer eingelegt wurden.
So sieht Andreas Widmann seine Zukunft als Gastronom
Schon jetzt ist das Alb.leben ein kleines Gastro-Imperium aus Hotel, Wirtsstube, Gourmetrestaurant, Kochschule samt Speiseraum in der Straße gegenüber und Catering unter der Regie des Vaters Frank. Oft werden 200 Kochkisten täglich vorbereitet und verpackt. Andreas Widmann sieht sich mehr als „Gastronom“ denn als Koch, er möchte das Alb. leben zur Gastro-Destination in Ostschwaben ausbauen.
„Ende 2022 wird das Hotel noch mal stark erweitert“, sagt Widmann, „es wird dann auch einen begehbaren Weinkeller geben, wo man den Aperitif trinkt, und beim Hotel eine Wellness-Etage.“ Kommen sollen die Gäste, von weit her, und in der Ruhe der Alb durchatmen. Wandern durchs Steinheimer Becken, Rad fahren im Wental. Widmann sprüht vor Ideen. Aber schon jetzt: Andreas Widmanns Küche ist wortwörtlich der „Ursprung“ – für richtig gute Laune!
Andreas Widmanns Tipps
Gabi Engling Keramik und mehr
Schafhof Smietana
Restaurant bi:braud
Konzept: Gourmetrestaurant im familiengeführten Hotel auf der Schwäbischen Alb. Unter dem Motto „Alb.style Küche“, einer Symbiose aus schwäbischer Naturküche und Tiroler Gastlichkeit, gibt es ein 5- oder 7-gängiges Menü.
Küche: Andreas Widmann feiert die Produkte der Heimat und kreiert besondere Genussmomente. Er hat über die Jahre ein Erzeugernetzwerk aufgebaut, das ihn mit regionalen und biologischen Erzeugnissen versorgt. Ein Bezug zum Ursprünglichen sind auch die Techniken, mit denen er arbeitet: Zubereitung auf offenem Feuer und althergebrachte Konservierungsprozesse, sodass Produkte des Sommers auch im Winter auf der Karte stehen können. Eine Lachsforelle serviert er mit Kürbis und Fichtensprossen, den Weideochsen vom Biohof Dauner mit Kopfsalat, schwarzer Knoblauch und Räucherfisch und die Rehkeule mit Filderkraut, Steinpilz und Brombeer.
Wein: Sommelière Anna Widmann stellt die passende Weinbegleitung zusammen, gern mit einem heimischen Schwerpunkt.
Atmosphäre: Im ältesten Teil des Gasthauses ist das Restaurant entstanden, das elegant designt ist und mit viel Holz und einigen antiken Accessoires sehr behaglich wirkt.
Fazit: Kulinarische Entdeckungsreise auf der Alb von mitreißend-begeisternden Gastgebern.