Europas beste Maître Affineurs: Handwerk und Leidenschaft

Europas beste Maître Affineurs

Bester Käse entsteht in Handarbeit, doch aromatisch auf den Punkt gebracht wird er erst in den Kellern von Europas Maître Affineurs. Die Besten ihres Fachs verleihen jedem Exemplar den letzten Schliff – mit Feingefühl, Kreativität und viel Geduld.
Text Julius Schneider
Datum25.08.2025

Das erwartet Sie hier:

Jamei Laibspeis, Kempten, Deutschland

In einem über 200 Jahre alten Eiskeller reifen die Schätze von Martin und Matthias Rößle (Foto) und Tobias Endras. Es sind Käselaibe, die in den Allgäuer, italienischen und Schweizer Alpen entstanden sind. In diesen Keller kommt nur, was die drei persön- lich auswählen. Käse von kleinen Sennereien, der handwerklich hergestellt wurde, von Kühen, die auf den Almen leben, keine Hochleistungsrassen sind und kein Kraftfutter erhalten. Natürlich muss es auch Rohmilch sein. Um die Qualität sicherzustellen, werden die Sennereien auf Alptouren mit dem Mountainbike be- sucht. Erst wenn alles stimmt, reifen die Käse bis zu 50 Monate unter besten Bedingungen. Sie werden regelmäßig gewendet, ge- bürstet und mit einer Mischung aus Wasser, Riesling und Salz eingerieben. So lange, bis sie zu wahren Delikatessen gereift sind. Verkauft wird der Käse im eigenen Laden, über eigene Marktstände und in ausgewählten Geschäften. Sogar bis hoch in den Norden hat es die feine Ware aus den Alpen geschafft. 

www.jamei-laibspeis.de

In einem 200 Jahre alten Eiskeller reifen handverlesene Käse zu einzigartigen Delikatessen.

Volker Waltmann, Erlangen, Deutschland

In Erlangen veredelt Volker Waltmann als einer der wenigen Maître Affineure Deutschlands Käse zu Meisterwerken. In seiner „Käse-Ecke“ lagern mehrere Tonnen Käse, die er und sein Team pflegen, wenden und beispielsweise mit Calvados, Cidre und eigenen Suden veredeln. Sein Hauptreifekeller bietet mit konstanten 9° C und einer Luftfeuchtigkeit von fast 100 % ideale Bedingungen für die Affinage. Diese Kunst erlernte er auf seiner „Käse- Walz“ durch Frankreich, wo er bei renommierten Affineuren wie Roland Barthélémy arbeitete. Zurück in Deutschland, behandelte er Käse-Rohlinge und fand so eine Nische, die hier nahezu unbekannt war. So wird beispielsweise ein Rotschmier-Weichkäse aus Deutschland mit fränkischer Minze aromatisiert und fünf Wochen lang gereift. Solche Spezialitäten finden sich auf vielen Käsewagen von Spitzenrestaurants. 

www.waltmann.de

Der deutsche Maître Affineur Volker Waltmann perfektioniert Käse mit kreativen Veredelungen und einzigartigen Reifemethoden.

Rolf Beeler, Mellingen, Schweiz

Schweizer Käse ist weit über die Grenzen der Eidgenossenschaft hinaus bekannt. Wenn Rolf Beeler ihn pflegt, hallt sein Ruf in alle Welt – bis nach New York und an den schwedischen Königshof. Der als Käsepapst bezeichnete Maître Fromager Affineur ist Visionär und Mentor. Seit über vier Jahrzehnten steht er mit seiner Sélection Beeler für Rohmilchkäse mit Tiefe, Charakter und Seele. Von Anfang an unterhielt er enge Beziehungen zu Bauern, Sennern und Käsern. Er begleitet ihre Produkte vom Stall bis in die Reifekeller und verkauft sie auf dem Markt in Luzern. In einem Manifest plädiert er für Rohmilch, Transparenz und Handwerk sowie gegen Normierung. Letztere zerstöre Aromen und Tiefe, denn für ihn ist Rohmilchkäse ein lebendiger Ausdruck bäuerlicher Kultur und kulinarischer Vielfalt. Diese zu bewahren ist nun die Aufgabe seiner Tochter Muriel, die den Betrieb in zweiter Generation fortführt. 

www.rolfbeeler.ch

Der Schweizer Käsepapst Rolf Beeler steht seit über 40 Jahren für Rohmilchkäse mit Charakter, Tiefe und unvergleichlicher Aromatik.

De’ Magi, Castiglion Fiorentino, Italien

Andrea Magi ist ein toskanischer Affineur mit einer außergewöhn­lichen Handschrift. Mit „De’ Magi“ hat er in Castiglion Fioren­tino, im Herzen der Toskana, eine Marke geschaffen, die für sensorische Raffinesse und handwerkliche Präzision steht. Magi versteht sich als Alchemist, der jedem Käse durch Pflege und ein tiefes Verständnis eine eigene Identität verleiht. Seine Produkte entstehen in enger Zusammenarbeit mit ausgewählten Rohmilch­ produzenten, oft in kleinen Chargen, immer mit dem Ziel, be­ sondere Aromen zu enthüllen. So reift sein Pecorino „Meravi­ gliao“ in Eichenholzfässern mit Kakaobohnen und ­pulver, während der „El Cabrón“, ein geaschter und in Rum getränkter Ziegenweichkäse, im Laufe der Reifung seine Farbe von Schwarz zu Weiß ändert – ganz im Sinne des Erfinders.

www.demagi.it

Magis „Grattacielo“ – ein blauaderiger Kuhmilchkäse, gereift und mit Pistazien-Schokolade glasiert.

Degust, Vahrn, Italien

Seit 1994 lässt Hansi Baumgartner in seiner Käserei Degust im malerischen Vahrn bei Brixen ausgewählte Käse zu aromatischen Unikaten reifen. Der ehemalige Spitzenkoch ist heute einer der renommiertesten Affineure Italiens und hat mit seiner kleinen Manufaktur das Affinieren zu einer eigenen Kunstform erhoben. Jeder Käse wird von seinem Team individuell betreut und umsorgt – und immer wieder neu gedacht. So entstehen Kreationen wie ein im Lagrein­Trester gereifter Alpkäse oder der „Wachal“, der mit Wacholder­Destillat und pulverisierten Wacholderbeeren ver­ edelt wird. Berühmt ist auch sein „Hoamatkas”, der mit Heu, Blumen und Kräutern aus dem Hochgebirge bedeckt wird und in einem Eichenfass reift – so bringt Baumgartner den Geschmack der Region in seinen Käse. 

www.degust.com

Hansi Baumgartner veredelt im malerischen Vahrn seit 1994 Käse zu aromatischen Unikaten – jedes Stück ist ein Kunstwerk der Affinage.

Fromagerie Antony, Vieux-Ferrette, Frankreich

In Vieux-Ferrette, einem 600-Seelen-Dorf im südlichen Elsass, reifen unter der Aufsicht von Bernard Antony und seinem Sohn Jean-François Käse zu Weltklasseprodukten. In sieben exakt klimatisierten Reifekammern mit Temperaturen zwischen 7 und 13,6 °C sowie einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 98 Prozent küm- mern sich die beiden Affineure um französische Rohmilchkäse, bis diese geschmacklich perfekt sind. Dabei können viele Jahre vergehen, bis die Laibe in den Verkauf gelangen. Die Milch für ihre Käse stammt von einem großen Netzwerk aus Kleinstproduzenten, deren Kühe ohne Kraftfutter auskommen und auf Weiden grasen. Zu den Kunden der Antonys zählen Spitzenköche wie Alain Ducasse oder Sebastian Obendorfer vom Restaurant „Eisvogel“. Welche Käse wann bestellt werden können, bestimmen die Antonys, denn nur sie wissen, welche Laibe auf den Punkt gereift sind. 

www.fromagerieantony.fr

Bernard und Jean-François Antony lassen in sieben Reifekammern französische Rohmilchkäse zu Weltklasseprodukten heranwachsen.

Hervé Mons, St-Haon-le-Châtel, Frankreich

Was Anfang der 1960er-Jahre auf den Märkten des Roannais begann, ist heute eine der renommiertesten Käseadressen Europas: das Maison Mons. Gegründet von Hubert Mons, entwickelte sein Sohn Hervé (Foto) das Familienunternehmen zur internationalen Marke. Seit dem Jahr 2000 steht er als „Meilleur Ouvrier de France“ für höchste Handwerkskunst im Affinieren. Das Herzstück von Maison Mons sind die Reifekeller in St-Haon-le-Châtel sowie der 180 Meter lange Tunnel de la Collonge. Ein stillgelegter Eisenbahntunnel, der ideale Bedingungen für die Reifung bietet. Hier lagern über 250 Sorten, die regelmäßig gewendet, gebürstet und verkostet werden. Besonders ist der Familienbetrieb auch, weil hier eigener Biokäse aus Rohmilch hergestellt wird. Heute führt Jules Mons das Unternehmen in dritter Generation weiter – mit dem Ziel, das Terroir und die Handwerkskunst in jedem Käse erlebbar zu machen.

www.mons-fromages.com

Hervé Mons verfeinert im legendären Collonge-Tunnel über 250 Käsesorten und gilt als einer der besten Affineure Europas.

Neal’s Yard Dairy, London, England

Neal’s Yard Dairy mit Sitz in London gilt als Herzstück der britischen Käsekultur. Seit den frühen 1980er-Jahren verfolgt das Unternehmen eine klare Mission: die Wiederbelebung und Förderung traditioneller, handwerklich hergestellter und geschmacklich unverwechselbarer britischer Rohmilchkäse. Der Fokus liegt auf Sorten mit Geschichte wie Cheddar, Stilton, Caerphilly oder Lancashire, die zu verschwinden drohten, inzwischen aber große Anerkennung genießen. Auch hier bildet die enge Zusammenarbeit mit kleinen Hofkäsereien das Fundament: Die Mitarbeiter besuchen die Produzenten regelmäßig, um die Tierhaltung, die Milchqualität und die Entwicklung der Laibe zu prüfen. Im eigenen Reifekeller werden die Laibe verkostet, gewendet und nach sensorischer Reife selektiert, um sie in den Londoner Läden, auf Märkten und über den Versandhandel zu verkaufen. Nur die Besten schaffen es dorthin. 

www.nealsyarddairy.co.uk

Neal’s Yard Dairy bewahrt in London die Tradition britischer Rohmilchkäse – Cheddar, Stilton & Co. in höchster handwerklicher Qualität
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