Einzigartige Tischdecken von einer Designerin

Stilvoll gedeckt: Einzigartige Tischdecken

Sticken ist wieder im Trend: Designerin Sarah Espeute verziert antike Tischwäsche liebevoll mit jungen frischen Motiven. Ihr Atelier in Marseille floriert buchstäblich.
Text Alexander Oetker
Datum06.06.2025

Was gleich auffällt: Wie still es ist in diesem Atelier im rauen Stadtviertel Noailles, hier, wo sich der Bauch von Marseille befindet, mit dem Markt und all den kleinen Händlern, die so gern feilschen und fluchen. Bei Sarah Espeute aber ist hinter den Glasscheiben nur das leise, gleichmäßige Rattern der Nähmaschinen zu hören. Und in der Luft liegt der wunderbare Duft nach frischer Wäsche – Wäsche, die hier überall liegt, auf den Regalen und auf den Arbeitstischen oder aufgehängt zum Trocknen.

Antike Tischdecken, neu verziert

Es ist keine neue Wäsche, keine Industrieware. Nein, Sarah Espeute, die Gründerin der Manufaktur Oeuvres Sensibles, setzt auf Altvertrautes: Sie reist zu großen Flohmärkten oder kauft auf Kleinanzeigenseiten private Tischwäsche, Baumwolle und Leinen – manchmal 50, manchmal auch schon 100 Jahre alt. „Wir haben das Gefühl dafür verloren, wie langlebig Textilien einst waren“, sagt Espeute, „und wie wichtig für die Geschichte einer Familie. Wenn uns heute etwas nicht mehr gefällt, dann werfen wir es weg und kaufen etwas Neues. Dabei sind es doch gerade die alten Stücke, die wahre Geschichten erzählen.“ 

Sie wäscht diese alten Stücke und übersetzt dann Tischdecken, Servietten und Vorhänge ins Heute – ihre Kreationen sind ganz schlicht und direkt: Sie stickt große Fäden in hellen, klaren Farben und zeichnet damit Bilder – wie bei ihren riesigen Tischdecken, die für lange Tafeln und große Familien gedacht sind, anlässlich von Familienfeiern etwa. So, wie sie die 34-Jährige immer am liebsten hatte, damals in ihrer Kindheit in Arles in der Provence, wo alle Feste besonders ausgiebig gefeiert werden.

Kreativköpfe sticken für ihr Auskommen

Sarah Espeute hat Grafik studiert, im fernen Paris, aber es war ihr alles zu theoretisch, zu weit weg von den Produkten. Also zog sie nach Marseille und brachte sich selbst das Sticken bei – genau, wie sie es nun anderen beibringt: 20 junge Frauen und Männer sticken mittlerweile in der ganzen Stadt für sie, es sind Künstler, Maler, Sänger, Schriftsteller, die für Sarah Espeute arbeiten, um ihr Auskommen zu haben.

Alte Handwerkskunst bewahren

Doch das ist es nicht allein: „Manche sind so süchtig nach dem Sticken, dass sie total viel arbeiten wollen, weil es eine Arbeit mit den Händen ist, die einfach glücklich macht.“ So hilft sie denen, die von ihrer Kunst allein noch nicht leben können – und sie kann die Qualität der Arbeit garantieren. Außerdem, fügt die junge Frau hinzu, „geht es doch darum, diese Techniken, dieses große handwerkliche Können, das wir in Frankreich haben, zu bewahren. Sonst gerät dieses alte Handwerk irgendwann in Vergessenheit.“

Oeuvres Sensibles heißt das Atelier von Sarah Espeute

Oeuvres Sensibles hat sie ihr Atelier genannt – „sensible Werke“, weil sie damit ausdrücken möchte, dass es beim Essen eben nicht darum geht, schnell noch ein paar Papierservietten auf den Tisch zu werfen: „Für mich sind Servietten oder eine Tischdecke Stücke, die allein für sich stehen und einen Raum verändern können. Genau wie ein Stuhl oder ein Sofa. Tischwäsche hat einen Ruf als Accessoire, dabei kann eine Serviette ein kleines Kunstwerk sein.“ Sarahs Servietten und Decken sind echte Artefakte, die nah an die Natur angelehnt sind. Da erblühen Blumen auf Servietten, Fische schwimmen um die Wette, oder der gestickte Teller befindet sich genau dort auf der Tischdecke, wo er dann auch beim Abendessen steht, sogar das obligatorische Baguette hat seinen Platz. Es wirkt, als könnten die Decken und Servietten Geschichten erzählen, in jedem Fall lösen sie etwas aus: ein Gefühl von Wärme, Behaglichkeit und Vertrautem.

Personalisierte Tischdecken

All diese Stücke lässt die Provenzalin nur in ganz kleiner Auflage besticken, die großen Tischdecken können sogar bei der Bestellung personalisiert werden: Wie viele Teller sollen es sein? Wie viele Gläser? Wo soll der Hummer schwimmen oder der Spargel strahlen? Manche Großfamilie lässt sich sogar die Namen der Menüteilnehmer einsticken. „Das haben wir doch alle in der Pandemie gelernt: Dass wir zusammen sein wollen, zusammensitzen, gemeinsam essen, es sind die großen Mahlzeiten, die uns zusammenschweißen – und deswegen sind unsere Stücke für die Kunden Herzensangelegenheiten.“

Die Kollektion wächst, neuerdings gibt es auch Messerhalter in Schneckenform, wunderschöne Kissen, Tagesdecken. Doch allzu schnell wachsen will Sarah Espeute auch wieder nicht. „Es geht ja genau darum, alles mit der Hand zu machen. Da möchte ich mir selbst treu bleiben.

Workshops in Marseille

In Marseille finden im Laden Workshops statt. Nach vorheriger Anmeldung können die Werke auch vor Ort betrachtet werden: 7, Rue Villeneuve, 13001 Marseille, Frankreich. Eine Tischdecke ist ab 700 Euro, eine Serviette ab 47 Euro erhältlich. 
www.oeuvres-sensibles.com

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