Die 555 besten Weingüter 2024
„Bei uns ist immer jemand da“, verkündet der sympathische Familienbetrieb, bei dem drei Generationen in Weinberg und Keller wirken. Vorbeikommen und probieren, das lohnt sich vor allem bei den Silvanern und Scheureben der Familie Schwarz, im Weinbau seit 1651. Der Gutswein Silvaner trocken ist ein Rolemodel: fein ziseliert am Gaumen, clean, mit animierenden Noten von Apfel und Birne. Wer einen kräftigen Rotwein zum Fleisch sucht, ist mit dem Spätburgunder bestens bedient, die Nuancen von Amarena-Kirsche und feiner Vanille sind betörend. Manche Gewächse wie der Weißburgunder oder Muskateller wirken indes etwas müde. Extra-Tipp: die Brände aus eigenen Obstgärten.
Nein, hier werden keine Meditationsweine gekeltert, sondern Everybody’s Darlings mit Trinkspaß. „Mondavi lässt grüßen“, schmunzelte ein Juror angesichts des cremigen Sauvignon Blanc mit Noten von Marajuca, Mango und reifer Stachelbeere. Auch dem Liebling Grauburgunder verleiht prononcierte Restsüße viel Charme, der Grauburgunder BIG G Chardonnay QbA trocken Thüngersheim Johannisberg mit dominantem Holz wirkt dann allerdings doch zu sehr getrimmt wie ein Markenwein. Die Weine sind gut gemacht, die Qualität des Leseguts ist sauber. Unser Wunsch wäre, dürften wir ihn formulieren: mehr Mut zur Komplexität oder gar Terroir-Bezug.
Die „Schwaben“ sind eher stille Stars in Franken, übersehen sollte man sie aber nicht: Sie profitieren von wertvollem Terroir (Buntsandstein/Muschelkalk), wie Perlen an einer Schnur präsentierte sich die Kollektion. Sei es die anspruchsvoll-füllige Thüngersheimer Johannisberg Scheurebe trocken mit Muskatnote und dezenter Phenolik oder der Thüngersheim Riesling Ortswein, der sortentypische Weißburgunder oder aus der Thüngersheimer Spätburgunder mit zartem Holz, animierender Kirsche und schöner Länge. Alle Weine sind perfekte Speisenbegleiter – setzt sich der Trend fort, ist im kommenden Jahr eine Aufwertung in Sicht. Tipp: die „Kleinkunstauslese“ auf der Bühne und im Weinglas.
Mehr als 400 Jahre Weinbau haben Susanne und Hugo Brennfleck im Rücken, die vorbildlich Tradition und Zeitgeist verbinden – äußerlich sichtbar an dem historischen Gutshaus, dem ein ultramodernes Kelterhaus angeschlossen ist. Fundament ihrer Arbeit (niedrige Erträge, selektive Handlese, Terroirbezug) sind hochwertige Einzellagen wie der berühmte Escherndorfer Lump, der Akzent liegt auf Weiß mit Fokus auf Silvaner. Anders als im Vorjahr erlebten wir nun eine Berg- und Talfahrt: Der 2022er JHB Escherndorfer Lump Riesling „S“ war recht weich mit dominanter Süße, der 2022er Cyriakusberg Sauvignon Blanc leicht brandig. Doch die Paradesorte Silvaner konnte mehrfach Punkte sammeln, etwa der JHB Sulzfelder Maustal „S“ mit dezent stützendem Holz, gut eingebundener Zitronensäure und Kraft oder der Silvaner Sonnenberg „Alte Reben“ mit einem dichten und und knackigen Gerüst sowie der Sulzfelder Silvaner Muschelkalk mit energetischem Zug am Gaumen.
Anfang 2022 hat Egon Schäffer an die Kinder Peter und Sophie (und damit an die vierte Generation) übergeben, die mit der eingesandten Kollektion einen tollen Einstand geben. Die Slow-Food-Anhänger verzichten (längst) auf Herbizide, Insektizide und Mineraldünger, lassen spontan vergären und die Weine bis kurz vor der Füllung auf der Hefe reifen. Sie haben einen klaren Plan, und der ist vor allem an den Ersten Lagen abzulesen. Der Riesling aus dem berühmten Escherndorfer Lump hat feine Aromen von Zitronenzesten, das Silvaner-Pendant punktet mit viel Substanz (perfekt zur Forelle Müllerin), genauso empfehlenswert ist der Weißburgunder vom Escherndorfer Fürstenberg. Wer in der schönen Ferienwohnung übernachtet, sollte sich Zeit für den historischen Gewölbekeller nehmen.