Die 555 besten Weingüter 2024
Die Familie ist Pionier in Sachen Nachhaltigkeit: Schon lange erzeugt sie eigenen Strom, Flaschen und Holzkisten werden recycelt, eigener Kompost kommt zum Einsatz. Erst vor ein paar Monaten hat mit Philipp Stich die junge Generation das Ruder übernommen. Auch er hat roten Burgunder im Fokus, wobei wir den 2018er Centgrafenberg Spätburgunder GG als etwas brandig mit recht trockenem Tannin empfanden; der 2021er Centgrafenberg Frühburgunder GG litt unter etwas mangelnder Finesse und Frucht. Bessere Performance zeigten die Weißweine für jeden Tag, etwa der klassische Müller-Thurgau als frischer und fruchtbetonter Schoppen oder auch die Tigris-Cuvée, ein solider Brot-und-Butter-Wein. Das Gut verfügt mit Centgrafenberg und Hundsrück über berühmte Lagen, aus denen sicher mehr herauszukitzeln wäre.
Der historische Betrieb von 1128 ist das drittgrößte Weingut in Deutschland und gehört mit den beiden „Spitälern“ zu den drei „Riesen“ in Würzburg; der Barockkeller mit der Schatzkammer ist absolut sehenswert. Unter der Leitung von Stefan Schäfer entstehen Rieslinge und Silvaner mit Charakter, Eleganz und feiner Struktur, im vergangenen Jahr war der Betrieb unser Aufsteiger in Franken, der über exzellente Lagen am renommierten Würzburger Stein verfügt. Das Filetstück davon ist die Parzelle Berg, hier wächst das Riesling GG, der mit würziger, tiefer, reifer Nase, präziser Struktur und Charisma begeistert. Aber auch beim Silvaner aus dem Stein ist alles am richtigen Platz – würzig, trocken, straight! Auch der Weißburgunder aus der Paradelage zeigt pure Harmonie, könnte allerdings etwas mehr Sortentypizität haben. Der Hofkeller hat die Herausforderungen des heißen Sommers 2022 offenbar prima gemeistert.
Das „Büschpi", wie Insider sagen, ist eine Instanz und finanziert als Stiftung heute noch soziale Aufgaben. Direktor Robert Haller ist einer der großen Weinmacher Frankens und wacht über ein großes Erbe: Seit über einem Jahrtausend werden hier vor allem Riesling und Silvaner angebaut, die extravagant-vielschichtigsten Exemplare auf der Spitzenlage Stein (mit den Filets Berg und Harfe), wo Muschelkalk für spannende Salzigkeit und gut gepufferte Säure sorgt. Eine Kaufempfehlung zum tollen Preis ist der komplexe Bilderbuch-Silvaner aus der Ersten Lage Würzburger Stein mit vibrierendem Nachhall, der Würzburger Silvaner Ortswein ist mit Noten von Apfel, Zitrus und Kräutern wie aus dem Lehrbuch gemacht. Auch der Randersackerer Pfülben Riesling GG und der 2021 Würzburger Stein-Berg-Riesling haben einen energischen Zug am Gaumen.
Staffelübergabe im „Juschpi“: Der viele Jahrzehnte prägende Direktor Horst Kolesch ist in den Ruhestand gegangen, Joachim Brand hat den Wein-Giganten mit über 180 Hektar Rebfläche und 250 Meter langem Holzfasskeller übernommen, hier wurde übrigens der Bocksbeutel erfunden. Möglicherweise ist es dem Generationswechsel geschuldet, dass die Kollektion nicht ganz so stringent war wie im Vorjahr, mancher Riesling oder Sauvignon blanc wirkte etwas zahnlos und nicht ganz auf den Punkt. Schönes Lagenprofil war indes beim Weißer Burgunder erkennbar. Wir sind gespannt, welche Akzente der neue Mann am Ruder setzen wird.
Sandra und Ludwig Knoll sind die „bunten Hunde“ Frankens, markant ragt der Weinkeller mit der spektakulären Holzfassade in die Landschaft, das Musikfestival ist ein Magnet, und mit Leidenschaft (sowie mit Unterstützung von Kellermeister Dominik Diefenbach) werden biodynamische Weine erzeugt, auch aus dem Betonei. Das Paar hat eine Erfolgskurve hingelegt, die von der aktuellen Kollektion unterstrichen wird, die Ersten Lagen sind rundweg zu empfehlen, etwa der kristalline Riesling Würzburger Innere Leiste mit Kräuterwürze, der noch getoppt wird vom präzise-saftigen Riesling GG Stettener Stein. Auch beim Silvaner bewies das Paar eine sichere Hand, abzulesen am wunderbar dichten, gelbfleischigen Würzburger Innere Leiste. Ihren eigenen Kopf hat die Scheurebe, die hier nicht klassisch holunderbeerig daherkommt, sondern an Apfelringe im Bierteig erinnert. Wer modernen Frankenwein sucht, findet ihn hier, mit eigener Handschrift und schmeckbaren Lagen – dafür klettert die Bewertung auf 4,5 F hoch.
