Liebe Brigitte, drei Jahre lang hast du die „Kochschule“ für uns produziert. Was war dein Highlight?
Dass ich im FEINSCHMECKER einmal auf einer Seite mit Barlegende Charles Schumann und Spitzenkoch Nils Henkel abgebildet war, im Inhaltsverzeichnis. Einen ganzen Tag lang schwebte ich stolz einen Meter über dem Boden.
Klingt so, als seist du damals überrascht gewesen, als wir dich angefragt haben?
Und wie, ich dachte, das sei ein Scherz, wir wohnen nicht in einer Metropole, sondern in Chammünster, und ich bin kein hochdekorierter Küchenstar. Ich muss für euch doch wie die Nadel im Heuhaufen gewesen sein.
Aber dann bist du durch die Serie bekannt geworden. Welche Reaktionen kamen von Lesern und Gästen?
Viele unserer Stammgäste kochen tatsächlich jedes Gericht nach und schildern mir ihre Erfahrungen. Für unseren Arzt musste ich neulich erst Markknochen für das Rezept aus Heft 11/20 besorgen. Viele kamen auch immer wieder mit Detailfragen auf mich zu, ob sie Weizen- durch Mandelmehl austauschen können etwa, oder sie erzählten mir, dass meine Schoko-Drip-Torte zur Hochzeit und der Coq au Vin zu Weihnachten serviert wurde. Es kamen auch viele neue Gäste, die plötzlich in der Küche standen und sagten: „Wir wollten nur mal schauen, wie Sie wirklich aussehen“; oder, wenn ich Gerichte rausgetragen habe, flüsterten: „Das ist sie!“ Zwei ältere Herren baten mich sogar um ein Autogramm. Und mit einer Leserin hatte ich eine lange E-Mail-Kommunikation zu den Cannelés aus Heft 12/2019.
Das Rezept hat dich ja Nerven gekostet!
Und wie! Die Küchlein sind mein Lieblingsdessert, aber auch mein Angstgegner. Ich habe diverse Rezepte studiert, in Tabellen eingepflegt und sie bis zu 20-Mal ausprobiert, bis das Ergebnis perfekt war: außen knusprig, innen weich. Eine weitere Herausforderung war das Verhältnis von Flüssigkeit und Mehl sowie der Umgang mit der Temperatur. Immer wieder sind sie aus der Form gerutscht oder waren windschief.
Hast du da nicht auch mal das Geschirrtuch in die Ecke gepfeffert?
Allerdings – und ich habe alle Flüche aus dem bayerischen Repertoire, der katholischen Heiligen und der Wiener Kutscher bemüht! Aber es hat sich gelohnt. Die Cannelés schmecken zum Niederknien.
Was hast dich bei den Produktionen am meisten überrascht?
Mir war nicht bewusst, wie viel Arbeit hinter einem Rezept steht, bis es gedruckt wird: mit welcher Konzentration die Fotografinnen vorgehen; mit welcher Akribie ihr die Rezepte bearbeitet und jedes Detail nachgefragt habt. Heute habe ich vor jedem Food-Foto höchsten Respekt.
Hast du als Profi auch selbst etwas Neues durch die Kochschule gelernt?
Ja, eine akribische Ordnung auf dem Teller. Und ich hatte noch nie in meinem Leben für nur vier Personen gekocht, ich stamme ja aus einer Großfamilie, die Rezepte musste ich komplett neu berechnen. Erstaunlich war für mich auch, wie sehr sich Profi- und Haushaltsgeräte unterscheiden. Und dann die Präzision bei den Rezepten für Hobbyköche: Was genau heißt „in Würfel schneiden“ oder „heiß anbraten“? Alle Gerichte, die ich entwickelt habe, hat übrigens meine Cousine mit ihren Kindern getestet, bevor sie ins Heft kamen.
Was rätst du Einsteigern am Herd?
Einfach probieren. Und solange das Essen nicht schwarz verbrannt ist, kann man alles essen.
Warum ist Köchin dein Traumberuf?
Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und liebe Lebensmittel. Kochen wird nie langweilig, schon jede Saison gibt neue Produkte und Aromen vor. Und anders als im Büro kannst du jeden Abend mit deiner Arbeit abschließen. Ich interessiere mich auch sehr für Design, aber ob das für ein ganzes Leben gereicht hätte? Kochen reicht für ein ganzes Leben. Interview: Gabriele Heins
Brigitte Berghammer-Hunger kocht im Familienbetrieb „Gasthaus Am Ödenturm“ in Chammünster/Bayern.
www.oedenturm.de